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In die Gänge kommen

Nach dem Weltvegantag am 1. November startet die Messe veganfach. Der Einstieg in diesen Lebensstil führt meist über das Essen, von Fingerfood bis zu mehrgängigen Menüs

Verzicht auf tierische Produkte schließt kulinarischen Genuss nicht aus Foto: Westend61/imago

Von Alina Schwermer

Artischocken mit Wasabi-Mayonnaise, Augenbohnenkroketten mit Dijonsenfglasur, Rheinischer Sauerbraten mit Blaukraut und Spätzle. Borschtsch, Birnenrisotto, Barbecue-Burger: Mit veganer Küche lässt sich so ziemlich alles anstellen. Von Fingerfood über Desserts bis hin zu Fastfood und opulenten Gourmet Menüs, auch wenn im öffentlichen Bewusstsein vor allem Tofu, Salat und Chia Samen das Bild dominieren. BlogerInnen und YouTuberInnen en masse haben ihre Existenz auf vegane Gerichte aufgebaut, und wer nicht selbst kochen möchte, findet vor allem in deutschen Großstädten wie Berlin und Hamburg eine durchaus gute Auswahl veganer Restaurants. In Kleinstädten allerdings so gut wie gar nicht.

Aus den Küchen der Welt

Fleisch wird in veganen Gerichten üblicherweise durch Tofu oder Seitan, aber auch durch Proteinquellen wie Kichererbsen, Linsen oder Bohnen ersetzt. Als Sahneersatz bietet sich beispielsweise Sojasahne an, als Milchersatz alles von Sojamilch über Hafermilch bis Kokosmilch. Klassische Gerichte wie Spaghetti Bolognese oder Burger lassen sich so ganz einfach als Spaghetti Tofunese oder Burger mit Bohnen-Pattie zubereiten. Auch Desserts wie Schokopudding oder Donuts gibt es in veganer Version. Wer nicht auf Fastfood steht, kann ganz exquisit essen. Das vegane Restaurant Leaf in Hamburg zum Beispiel serviert raffinierte Gerichte wie Bärlauchsuppe mit Zitronensahne und Ocean-Jelly-Tatar oder Nari Auberginen und Pastinaken-Steckrüben-Puffer auf Curry-Mangoldbett mit Kirsch-Portwein-Sauce.

Mittlerweile haben auch Mainstream-Portale wie www.essen-und-trinken.de ausführliche vegane Sektionen, die neben einzelnen Rezepten Menüs für zu Hause vorschlagen. Allerdings nicht superkreativ: Rote-Beete-Salat mit Johannisbeerdressing, dazu Linguine mit Auberginen und einen Eisbecher Tuttifrutti heißt etwa das Sommermenü. Asiatische Küche eignet sich übrigens besonders gut, da viele Gerichte sowieso fast vegan sind. In Berlin gibt es zum Beispiel das Good Morning Vietnam Vegan. In der deutschen Hauptstadt des Veganismus ist die Auswahl an Lokalen enorm: Das Let It Be serviert vegane Crêpes und Burger, im Kiez Vegan kann man vegane kurdische Küche probieren und vegane Hochzeitstorten bestellen, und das Yoyo Foodworld macht veganes Fastfood wie Pizza und Wraps.

Außerhalb Berlins ist aber zumindest in den Großstädten keine VeganerIn verloren: Tassajara, The Vegan Eagle, Pizzabande und viele weitere in Hamburg, Max Pett, Bodhi oder rund 20 andere Alternativen in München, etwa 20 vegane Restaurants in Köln. In Leipzig wiederum gibt es unter anderem beim Shahia Döner fleischlosen Döner, in der Vleischerei vegane Currywurst oder Gyros – außerdem mit dem Symbiose eines der populärsten veganen Restaurants in Deutschland, das auch Rezepte zum Nachkochen bereitstellt.

Das Nachkochen ist zu Internet-Zeiten deutlich leichter geworden. Auf Blogs wie www.veganheaven.de gibt es ausgefallene vegane Rezepte, teilweise aus Eigenkreation. Wer immer schon mal Blaubeer-Muffins aus Süßkartoffeln oder vegane Schoko-Donuts mit Kidneybohnen als Teig backen wollte, ist hier richtig. Im Übrigen gibt es Tipps für veganes Kochen an stressigen Tagen. Reis, Couscous oder Quinoa lassen sich für mehrere Tage vorkochen, selbst gemachtes Pesto kann man in größerer Menge im Kühlschrank lagern, Suppen und Eintöpfe in doppelter Menge kochen und einfrieren. Eine sehr unvollständige Auswahl veganer Kochbücher sind: „La Veganista“ von Nicole Just, „Vegan Kochen“ von Martin Kintrup, „Vegane Superfoods“ von Surdham Göb, „Vegan kochen für alle“ von Björn Moschinski oder „Vegan für Genießer“ von Jean-Christian Jury.

Vor allem Vitamin B12 müssen VeganerInnen künstlich zuführen. Die DGE rät, ein B12-Präparat dauerhaft einzunehmen und regelmäßig den B12-Spiegel kontrollieren zu lassen. Es gibt auch Vitamin-B12-Zahnpasta.

Proteine können durch Vollkorngetreide und Hülsenfrüchte zugeführt werden. Raps- oder Walnussöl sowie Nüsse liefern Omega-3-Fettsäuren; dunkelgrüne Gemüsesorten, Nüsse und Tofu unterstützen die Versorgung mit Kalzium.

Zur Jodversorgung kann fluoridiertes Jodsalz verwendet werden. Auch Hanfsamen sind gesund: Sie enthalten viele Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren, Vitamin A und E sowie Aminosäuren.

ProVeg Deutschland gibt auf www.vebu.de außerdem Tipps, Säuglinge und Kinder vegan zu ernähren. Andere Organisation wie die DGE und der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte raten wegen hoher Risiken davon ab.

Von der Hand in den Mund

Es muss aber ja nicht direkt ein opulentes Menü sein. Snacks und Fingerfood sind etwa panierte Gemüsesticks, Obstspieße oder Guacamole mit Tortillachips. Als Aufstrich eignen sich Kichererbsenpüree oder viele Pasten. Getränke dagegen sind etwas komplizierter. Zwar ist zunächst mal der größte Teil aller Getränke vegan, aber vielen Spirituosen sind Farbstoffe tierischen Ursprungs zugesetzt. Und vor allem enthalten die Kleber vieler Etiketten tierische Produkte. In der Regel hilft dabei nur Nachfragen beim Hersteller.

Wo kommt das Essen nun her? Zum Einkauf empfiehlt die Organisation ProVeg Deutschland unter anderem Biosupermärkte, die etwa vegane Tiefkühlpizza, Joghurt auf Kokosbasis oder diverse pflanzliche Dips und Soßen bieten. Auch Drogeriemärkte, Reformhäuser, Asiashops und natürlich vegane Läden haben ein gutes Sortiment. Erwiesen ist allerdings mittlerweile, dass rein vegane Kost Mangelernährung begünstigt. Vitamin B12 etwa kommt fast nur in tierischen Lebensmitteln vor und muss künstlich zugefügt werden. Andere Stoffe können durch bestimmte Nahrungsmittel aufgenommen werden. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) rät von ausschließlich veganer Kost ab, und hat mit dem DGE-Flyer „Vegan essen – klug kombinieren und ergänzen“ ein nützliches Infoblatt herausgegeben. Es beraten auch Peta und ProVeg (siehe Kasten).