Berliner Wohnungsmarkt: Auch Azubis müssen wohnen

Wie soll man vom schmalen Lehrlingsgehalt eine Wohnung in Berlin bezahlen? Gewerkschaft fordert extra Wohnraum für Auszubildende.

Nicht nur fremde Betten machen: Auszubildende haben es schwer auf dem Wohnungsmarkt Foto: dpa

Immer wieder zum Beginn des Ausbildungsjahrs wird darüber diskutiert, warum in Berlin so viele Lehrstellen unbesetzt bleiben und so viele ihre Ausbildung abbrechen. Mehr als 1.700 unbesetzte Stellen sind es aktuell, die Abbrecherquote liegt bei fast 34 Prozent – deutlich über dem Bundesdurchschnitt. „Wenn wir über die Attraktivität von betrieblicher Ausbildung sprechen, dann kommen wir am Thema Wohnraum nicht vorbei“, meldet sich nun der Berliner Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Christian Hoßbach, zu Wort.

Bei der Diskussion um den angespannten Wohnungsmarkt „fallen die Auszubildenden regelmäßig durchs Raster“, so Hoßbach gegenüber der taz. Dabei gehörten sie klar zu den BerlinerInnen mit dem geringsten Verdienst. Durchschnittlich 700 Euro betrage die Ausbildungsvergütung. Und das sei schon die „schöne Zahl“. Auszubildende im Floristikgewerbe etwa verdienen im ersten Ausbildungsjahr nicht viel mehr als 300 Euro. Damit auch nur ein WG-Zimmer zu bezahlen, ist fast unmöglich. Laut einer aktuellen Auswertung des Moses-Mendelssohn-Instituts in Kooperation mit dem Portal „WG-gesucht“ sind die durchschnittlichen Unterkunftskosten inzwischen auf 420 Euro gestiegen.

Auch bei der Industrie- und Handelskammer Berlin reagiert man alarmiert: „Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum wirkt bei der Azubiakquise zunehmend als limitierender Faktor“, so eine Sprecherin. Die Wohnsituation in Berlin führe immer häufiger dazu, dass Ausbildungsverträge nicht abgeschlossen oder gelöst werden, da immer mehr Azubis keinen adäquaten Wohnraum fänden. Einzelne Unternehmen reagierten bereits mit finanziellen Zuschüssen auf die gestiegenen Wohnkosten. Tatsächlich zahlt etwa die Deutsche Bahn, einer der größten Ausbildungsbetriebe im Berliner Raum, seit vergangenem Jahr bis zu 350 Euro Mietkostenzuschuss an seine Auszubildenden.

Um deren Wohnungssituation grundlegend zu verbessern, empfiehlt die IHK, den genauen Bedarf bei Unternehmen und Auszubildenden zu ermitteln und dann gemeinsam mit der Berliner Verwaltung und den Unternehmen Lösungen zu erarbeiten. Vorbild könnten andere Städte sein: In Hamburg, Heidelberg und München zum Beispiel gebe es zum Teil seit Jahren extra Wohnheime für Auszubildende.

2017/18 meldeten sich laut aktuellen Zahlen der Arbeitsagentur 22.082 Jugendliche bei der Berufsberatung der Agentur für Arbeit als ausbildungsplatzsuchend - 1.266 BewerberInnen mehr als im Jahr zuvor.

Die Zahl der beim Arbeitgeberservice der Arbeitsagenturen gemeldeten betrieblichen Ausbildungsstellen stieg um 978 Stellen auf 15.829.

Ende September waren 3.445 BewerberInnen unversorgt, 1.097 mehr als vor einem Jahr. 1.711 betriebliche Ausbildungsstellen waren noch unbesetzt – 514 mehr als im Jahr zuvor.

Aufgabe der Politik

Bei der 1. Jugendversammlung Moabit am Mittwoch sah sich auch Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) mit dem Thema Wohnungssuche konfrontiert. „Es ist die Aufgabe der Politik dafür zu sorgen, dass Jugendliche dabei nicht an den Rand gedrängt werden“, so die Senatorin. Ob es etwa bei den landeseigenen Wohnungsunternehmen in Zukunft ein eigenes Segment für Auszubildende geben könne, äquivalent zu Studentenwohnheimen, müssten die Wohnungsbaugesellschaften prüfen, hieß es aus Lompschers Verwaltung.

Die größte landeseigene Wohnungsgesellschaft Degewo wiederum verweist auf bestehende Projekte, die sich nicht nur an Studierende, sondern auch an Auszubildende richteten. Rund 280 Wohneinheiten in Marzahn, Steglitz und Köpenick halte man hierfür vor. Kosten im Monat: Rund 320 Euro warm.

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