heute in hamburg
: „Ich wollte auf jeden Fall weitermachen“

Foto: privat

Anders Lang 52, freier Filmemacher in Hamburg und Produzent von „Blinde Flecken“

Interview Hannah Maatallaoui

taz: Herr Lang, was haben Sie gefühlt, als Sie merkten, dass Ihre Sehfähigkeit eingeschränkt ist?

Anders Lang: Ich war erschrocken und wusste überhaupt nicht, was los ist. Ich bin aufgewacht, und es war komplett dunkel. Ich bin dann zum Waschbecken gegangen und dachte, ich könnte das wegspülen – ging aber nicht.

Haben Sie kurz darüber nachgedacht, keine Filme mehr zu produzieren?

Nein. Ich wollte auf jeden Fall weitermachen, und das war auch der Grund, den Film „Blinde Flecken“ zu machen. Ich hab lange überlegt, ob ich das tun möchte. Ich wollte keine traurige Geschichte oder einen Opferfilm erzählen. Musste dann aber, nachdem ich die Protagonisten kennengelernt habe, feststellen: Ne, das ist auch gar nicht der Fall. Die haben alles etwas aus der Situation gemacht.

Wie sind Sie auf die Protagonist*innen gekommen?

Ich hab damals ein Forum gegründet, als mir das passiert ist. Ich hab im Internet nichts dazu gefunden. Dann dachte ich: Okay, dann gründest du selber eins, um sich austauschen zu können. Dann kam ich als Administrator direkt an die Leute ran und hab gefragt, wer Lust hat mitzumachen.

Was hat Sie an den Protagonist*innen besonders beeindruckt?

Hamburger Filmpremiere „Blinde Flecken“ 20 Uhr, Lichtmeß-Kino, Gaußstraße 25

Die Lebensfreude letztendlich. Dass sich die Leute nicht aufgeben. Die Fantasie, wie alle versucht haben, aus dem, was sie verloren haben, wieder was Neues zu gestalten. Als Beispiel: Eine Frau hat sich, damit sie sich beim Spülen nicht immer an der Kante ihres Hängeschranks stößt, eine Feder daran gehängt. Bevor sie dagegen kommt, kitzelt sie die Feder.

Werden im Film auch die Perspektiven der Sichtfelder beleuchtet?

Ja. Der Dreh lief so, dass es ganz normale Kameraaufnahmen waren bis auf die Fälle, in denen aus der subjektiven Sicht erzählt wurde. Da hab ich zum Beispiel eine Go-Pro verwendet. Zuerst war es ein ganz normales Bild, und wir haben dann in der Produktion die Sichtfeldeinschränkungen eingebaut. Das Leben zwischen „normal sehen“ und blind sein, ist kaum bekannt. Das Thema sollte mehr in die Öffentlichkeit getragen werden, denn meistens sieht man es den Leuten nicht an. Jedes Jahr kommen mindestens 10.000 neue Schlaganfälle dazu. Es ist spannend, wie die Leute damit umgehen, und auch interessant, wie dann manchmal kommt: „Oh, meine Oma, die hat ja auch so was.“