Zahlreiche Höfe gesperrt: Tierfutter-Alarm in fünf Bundesländern

Über 30 Höfe in Deutschland sind gesperrt worden. Der Grund: Bei Masthähnchen wurde die krebserregende Substanz PCB gefunden.

Küken in einem Stall

Droht schlechtes Essen: Küken Foto: dpa

BERLIN taz | Nach der Lieferung von belastetem Geflügelfutter an Dutzende Höfe vor allem in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sind zahlreiche Betriebe vorsorglich gesperrt worden. Das niedersächsische Landwirtschaftsministerium hat über 27 betroffene Betriebe informiert. Sperrungen gibt es auch in Nordrhein-Westfalen (3), Sachsen-Anhalt (2) sowie Brandenburg und Thüringen (je 1).

Bei der Belastung handelt es sich um ein PCB-Gemisch, das ins Futter geraten ist. PCB (Polychlorierte Biphenyle) sind in vielen Ländern seit den 80er Jahren verboten, weil sie als krebserregend gelten. Die als Weichmacher in Anstrichstoffen, Dichtungsmassen und Kunststoffen verwendeten PCB wurden unter anderem von Bayer und Monsanto produziert. Das belastete Futter stammt vom Futtermittelhersteller Agravis.

Etwa 290 Tonnen seien in Umlauf gekommen, bestätigte das Unternehmen am Donnerstag. Der giftige Stoff sei in einer Niederlassung in Minden (NRW) in das Geflügelfutter geraten. Dies wurde bei Routinekontrollen entdeckt. Grenzwerte sollen teilweise um das Zehnfache überschritten worden sein. Das PCB wurde so auch im Fleisch von 4.000 Putenhennen aus einem Hof im Landkreis Nienburg entdeckt. Als Ursache wurden Lackabsplitterungen in zwei Verladestellen des Futtermittelherstellers ermittelt. Agravis bedauerte den Vorfall. Die Genossenschaft ist einer der größten Agrarhändler in Deutschland. Mit 6.700 Mitarbeitern setzte Agravis 2017 rund 6,4 Milliarden Euro um.

Wie „ein Stück Zucker im Bodensee“

Eine akute Gesundheitsgefahr gibt es laut Behörden nicht. Belastetes Geflügel und Eier seien aus dem Verkehr gezogen worden, ehe sie in den Handel gelangten. „Selbst wenn Sie davon etwas gegessen haben, geht von den geringen Konzentrationen keine akute Gefahr aus“, sagte eine Sprecherin des nordrhein-westfälischen Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz. Eine Veterinärin des Kreises Paderborn, das die Untersuchung ins Rollen gebracht hatte, teilte mit, die festgestellten PCB-Werte bewegten sich teilweise auch nur im Nanogrammbereich. Das entspreche „in etwa einem Stück Würfelzucker im Bodensee“.

NRW-Sprecherin

„Selbst wenn Sie davon etwas gegessen haben, geht von den geringen Konzentrationen keine akute Gefahr aus“

Die niedersächsische Landesregierung gerät in Erklärungsnot. Agrarministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) informierte am Donnerstag im Landtag über den Fall, musste dabei aber einräumen, dass ihr Haus bereits am 2. November aus NRW darüber informiert worden ist, dass bei der Untersuchung einer Masthähnchen-Probe eine Überschreitung des Höchstgehalts festgestellt worden war.

Kritik kam von den Grünen: Es handle sich um „einen der größten Lebensmittel-Skandale der letzten Jahre“, sagte der Abgeordnete Christian Meyer. Er frage sich, „warum die Ministerin 12 Tage gewartet hat, um diese Informationen herauszugeben: Anscheinend hatte sie vor, zu gucken, ob man das nicht vielleicht unter der Decke halten kann, wenn nichts im Endprodukt ist.“

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