Akkreditierungsprobleme bei Privat-Uni: Jacobs University hat Prüfungsangst

Die Bremer Jacobs University wird beim Akkreditierungsrat durchfallen. Die Hochschule sieht darin keinen Hinweis auf mangelnde Qualität.

Studierende werfen ihre Hüte in die Luft.

Abschlussfeier im Jahr 2006: Damals war die Welt bei der Jacobs University noch in Ordnung Foto: dpa

BREMEN taz | Die gute Nachricht für Studierende der Jacobs University (JUB): Ihre Abschlüsse sind nicht in Gefahr. „Die werden weiter anerkannt“, bestätigt die Bremer Wissenschaftsbehörde. Und das Management der Privat-Uni legt in einer gestern verbreiteten Erklärung Wert darauf, zu versichern, dass „Absolventen der Jacobs University über hervorragende Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt“ verfügen, auch wenn die JUB kein Siegel des Akkreditierungsrates erhält, weil die gemeinnützige GmbH in Bremen Nord mit ihrem Versuch einer Systemakkreditierung scheitert.

Dass das passiert, gilt als sicher. Die mit der entsprechenden Evaluierung von der JUB betraute Gutachtergruppe habe schon im Oktober, kurz nach ihrer Begehung, eine Negativ-Empfehlung „mündlich angekündigt“, bestätigte ein JUB-Sprecher die vom Weser-Kurier am Montag lancierte Nachricht.

Zwar entscheidet der Akkreditierungsrat, eine von den Bundesländern gemeinsam unterhaltene Stiftung, offiziell erst im März 2019 über den im Januar 2017 gestellten Antrag der JUB. Aber der Prüfbericht bildet laut der von der Kultusministerkonferenz (KMK) vorgelegten Musterrechtsordnung die Basis für die fachlich-inhaltlichen Aspekte der Entscheidung. Die Hochschulöffentlichkeit war bereits vor Wochen über den schlechten Ausgang der Visite unterrichtet worden – „ohne, dass klar geworden wäre, welche Folgen das nun im Detail hat“, heißt es aus Wissenschaftlerkreisen.

„Es kommt immer wieder vor, dass in einem ersten Anlauf eine Systemakkreditierung scheitert“, erläutert Olaf Bartz, Geschäftsführer des Akkreditierungsrates auf Nachfrage der taz. Es gibt also eine zweite Chance. Und: Es handelt sich nicht um die institutionelle Akkreditierung, durch die der Wissenschaftsrat einer nichtstaatlichen Hochschule die grundsätzliche Befähigung zu forschen und zu lehren bescheinigt.

In Deutschland gibt es zwei Akkreditierungssysteme: Bei Unis und Hochschulen in privater oder kirchlicher Trägerschaft überprüft seit 2001 der Wissenschaftsrat, ob sie Lehre und Forschung nach wissenschaftlichen Maßstäben gewährleisten können.

Ein weiteres Akkreditierungssystem wurde 2002 entwickelt, um die „länder- und hochschulübergreifende Qualitätssicherung“ sicherzustellen: Es ermöglicht entweder die System-Akkreditierung oder die Programmakkreditierung.

Beim Akkreditierungsrat können Hochschulen die Prüfung ihres Qualitätsmanagement-Systems beantragen. Genügt das den Ansprüchen, wird ihnen die Systemakkreditierung erteilt. Alternativ können sie ihre Studiengänge einzeln akkreditieren lassen.

Das Verfahren der Systemakkreditierung hatte die Kultusministerkonferenz im Zuge der Bologna-Reform implementiert. Es sollte der „Entwicklung der länder- und hochschulübergreifenden Qualitätssicherung in Deutschland“ dienen. Ein juristisch heikles Terrain, wie sich bald herausstellte: Denn die Kontrolle der Methoden ist selbst bereits Wissenschaft, und diese staatlich zu überprüfen und zu bewerten gerät schnell zum Eingriff ins Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit. Infolge einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wurde der Regulierungswunsch auf die formale Kontrolle der Selbstkontrolle reduziert.

Offiziell bemüht man sich seitens der JUB um Beschwichtigung. So wird betont, dass „Gegenstand der Systemakkreditierung“ nur das „interne Qualitätssicherungssystem einer Hochschule“ sei. Was stimmt, wie auch der Hinweis nicht ganz falsch ist, dass ein solches Verfahren keine konkreten Aussagen über die Qualität von Studienprogrammen erlaube. Tatsächlich misst es die Einhaltung der durch die KMK etablierten Standards. Der JUB-Lehrkörper halte diese eben teilweise für falsch, heißt es vom Campus, und unorthodoxe Methoden sind ja nicht unsympathisch. Bloß wie deren Eignung ohne anerkanntes Kontrollsystem evaluiert werden kann, bleibt unklar.

„Unser Verfahren ist ein Meta-Verfahren“, bestätigt Bartz. Er warnt aber davor, ein Scheitern zu bagatellisieren. „Es gibt sehr klar Auskunft darüber, ob ein Level der Lernqualität erreicht wird, das alle erreichen können und sollten.“

Die Unsicherheit darüber dürfte eher unbefriedigend sein für alle, die 10.000 Euro Semestergebühren an die JUB zahlen – und die braucht das weiterhin finanziell vom Land Bremen unterstützte Unternehmen, dessen letzter veröffentlichter Geschäftsbericht noch immer ein Defizit von 1,7 Millionen Euro ausweist. Dringend.

Entsprechend ist auch die Wissenschaftssenatorin nicht gewillt, den Vorgang auf die leichte Schulter zu nehmen: „Der Qualitätssicherung kommt große Bedeutung zu, um Fehlentwicklungen frühzeitig zu erkennen“, ließ Eva Quante-Brandt (SPD) klarstellen. Man erwarte von der JUB, dass „umgehend Programm-Akkreditierungsverfahren für sämtliche Studiengänge eingeleitet und erfolgreich durchlaufen werden“. Momentan ist nämlich keines der neun Studienprogramme zertifiziert.

Das Bremische Hochschulgesetz ermächtigt die Wissenschaftssenatorin, bei fehlender Qualitätskontrolle die Anerkennung einer nichtstaatlichen Uni zu widerrufen. Gelobt hat die JUB, das bis 2020 hinter sich gebracht zu haben. Ein „ambitionierter Zeitplan“ sei das, so der Kommentar der Behörde.

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