Externe Aufklärung gefordert

Grüne und FDP bestehen auf unabhängiger Aufklärung nach Enttarnung eines V-Mannes in Göttingen

Von Reimar Paul

Die Affäre um den in Göttingen aufgeflogenen V-Mann des niedersächsischen Verfassungsschutzes (VS) schlägt auch in der Landespolitik weiter hohe Wellen. Ein unabhängiger Gutachter soll den Fall noch einmal aufrollen und mögliche Versäumnisse beim Geheimdienst benennen. Dies hatten am Freitag zunächst die Oppositionsparteien Grüne und FDP gefordert, CDU und SPD wollen wohl zustimmen – eine endgültige Entscheidung stand gestern bei Redaktionsschluss aber noch aus.

Zunächst hatte Landesinnenminister Boris Pistorius (SPD) angekündigt, die Vorgänge durch einen hochrangigen Mitarbeiter seines Hauses untersuchen zu lassen. Grüne und FDP bestanden aber zusätzlich auf einer externen Aufklärung. Nur eine unabhängige Person könne Schwachstellen tatsächlich identifizieren, so FDP-Fraktionschef Stefan Birkner: „Wir haben kein Vertrauen darauf, dass ein Mitarbeiter des Ministeriums, der weisungsabhängig von Herrn Pistorius ist, das ist in diesem Maße tun wird.“

Die Christ- und Freidemokraten dürften bei einer Prüfung auch auf den Rücktritt der von ihnen ungeliebten Präsidentin des Verfassungsschutz-Landesamtes, Maren Brandenburger, spekulieren. Brandenburger ist Mitglied der SPD und gilt insbesondere den CDU-Hardlinern als zu liberal. Als Koalitionspartner der Sozialdemokraten können sie den Rücktritt der Präsidentin nicht öffentlich fordern. FDP-Fraktionschef Birkner braucht solche Rücksichten nicht zu nehmen, er verlangte mehrfach ihre Ablösung.

Die Göttinger Gruppe „Basisdemokratische Linke“ hatte am Dienstag bekannt gemacht, dass sie den V-Mann durch eine Panne beim Verfassungsschutz enttarnen konnte. Demnach hatte der Geheimdienst in einem Auskunftsverfahren, das von einer linken Aktivistin betrieben wurde, nicht geschwärzte Akteninhalte an das Verwaltungsgericht Hannover geschickt. Anhand dieser Passagen sei der Spitzel identifiziert worden. Der V-Mann soll zwei Jahre lang in der Gruppe mitgearbeitet und die linke Szene ausspioniert haben.

Nach Ansicht der „Basisdemokratischen Linken“ gehen die aktuell geführten Personaldebatten denn auch „am Kern der Sache vorbei“. „Nicht Frau Brandenburger ist das Problem, sondern die Existenz und die Methoden des fälschlicherweise als ‚Verfassungsschutz‘ bezeichneten Inlandsgeheimdienstes“, erklärte die Gruppe am Montag.

Skandalös sei mithin die Überwachungspraxis des VS, nicht das versehentliche Enttarnen der eigenen V-Person durch Schusseligkeit. In der öffentlichen Debatte werde nun der Täter, also der enttarnte V-Mann, zum Opfer der Situation stilisiert.