boulevard der besten
: Hanna Gersmann

Foto: Wolfgang Borrs

An einem supergrauen Berlintag kam Hanna Gersmann in den sechsten Stock des Dutschke-Hauses, um sich den Fragen eines taz-Bewerbungsauswahlkomitees zu stellen. Der Regen prasselte an die schrägen Scheiben, es müffelte, und irgendwie fand sie die ganze Atmosphäre „furchtbar“. So trübe begann 2002 eine leuchtende taz-Laufbahn, denn selbstverständlich wurde sie genommen, erst in der Öko- und Wirtschaftsredaktion, später im Parlamentsbüro und dann als Co-Ressortleiterin der Inlandspolitik.

Als sie 2013 in das Journalistenbüro „die korrespondenten“ wechselte, übernahm sie gleichzeitig die Chefredaktion von zeozwei, damals ein relativ junges und relativ knallhartes Umweltmagazin der taz. Sie sah schnell, dass es weiterentwickelt werden musste, um größere Reichweite und Wirkung zu erzielen. Die Paradoxie des wachsenden Klimaproblems besteht ja darin, dass eine immer dringlichere oder anklagendere Berichterstattung weder die Politik noch eine Mehrheit der Gesellschaft aktiviert. Das Wort „Umwelt“ klingt für manche immer noch nach Nebensache.

Hanna hat sechs Jahre als Chefredakteurin eine Entwicklung vorangetrieben, mit der aus dem Umweltmagazin zeozwei das Magazin für Zukunft und Politik auf sozialökologischer Grundlage wurde. Das alles neben ihren ganzen anderen Arbeitsbereichen als Haupt­stadtjournalistin, ­Autorin und Moderatorin. Wir sind also gleichzeitig traurig, dass Hanna in diesem Jahr aufgehört hat. Aber auch dankbar, dass sie überhaupt so lang geblieben ist.

In Hannas Zeit haben sich nicht nur die Auflage und die publizistische Wirksamkeit des taz-Magazins deutlich erhöht, sodass tazFUTURZWEI am Ende von 2018 als eines der am stärksten wachsenden Printmagazine dasteht. Es ist dank ihr auch eine nicht alltägliche Arbeitskultur entstanden, die individuellen Ehrgeiz, gemeinsame Ziele, die große Sache und den Blick auf die echte Welt von Menschen zusammenbringt. Peter Unfried