Erstattungen wegen Verspätung: Bahn steckt noch im Papierzeitalter

Fahrgäste verzichten auf Geld, das ihnen die Bahn wegen einer Verspätung erstatten müsste – auch weil das Prozedere sehr aufwendig ist.

Bahn-Schienen

Noch nicht auf der Schiene nach Digitalistan: die Bahn Foto: dpa

BERLIN taz | Fast 40 Prozent der Reisenden, die wegen einer Zugverspätung Anspruch auf eine teilweise Erstattung des Ticketpreises haben, holen sich das Geld nicht zurück. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Studie, die der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD) beim Marktforschungsinstitut Quotas in Auftrag gegeben hat. Mehr als ein Drittel der Reisenden mit einem Anspruch auf Rückerstattung wusste davon nichts. Etlichen ist es zu aufwändig, das erforderliche Formular zu besorgen, per Hand auszufüllen und einzusenden.

Denn online ist das bislang nicht möglich. „Erstattungen müssen einfacher werden“, fordert Philipp Kosok, VCD-Bahnreferent. Ein weiteres Problem bei Verspätungen: KundInnen ärgern sich über die schlechte Information durch die Bahn. Rund 60 Prozent der Befragten wollen bei Verspätungen besser über Anschlüsse informiert werden. Allerdings sieht mehr als ein Drittel der Befragten auch Verbesserungen in den vergangenen drei Jahren, etwa das WLAN im ICE oder kürzere Reisezeiten. Insgesamt geben die befragten KundInnen der Bahn die Note 2,8 für das Fernreiseangebot.

Rund jeder vierte Fernzug hatte in diesem Jahr Verspätung. Reisende haben Anspruch auf eine Rückerstattung von 25 Prozent des Ticketpreises, wenn ihr Zug mehr als eine Stunde Verspätung hat. Bei zwei Stunden sind es 50 Prozent. Der VCD fordert die Möglichkeit, Rückerstattungen auch online eintreiben zu können. Möglich wäre das etwa über die App der Bahn, den DB-Navigator. Außerdem wünscht sich der VCD, dass es bereits Erstattungen ab einer Verspätung von 30 Minuten gibt. Das wollen auch 55 Prozent der Befragten.

Bahn räumt Fehler ein

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen sieht ebenfalls Handlungsbedarf. „Die Bahn muss ihre Kommunikation verbessern“, sagte Bahnexperte Gregor Kolbe. „Wer online bucht, soll auch online entschädigt werden.“ Die Bahn betont, dass sie die Regeln für die Erstattung bei Verspätungen einhält. „Bei den Fahrgastrechten setzen wir vollumfänglich die gesetzlichen Vorgaben um“, sagte ein Sprecher. Er räumt ein: „Es ist verständlich, dass das derzeitig praktizierte Verfahren der Fahrpreisentschädigung und -erstattung von unseren Kunden als nicht mehr zeitgemäß empfunden wird und einfache Lösungen gewünscht werden.“

Die Bahn will keine Entschädigungen schon ab einer Verspätung von einer halben Stunde. Aber sie arbeitet an einer Online-Lösung für das Eintreiben der Erstattung. Die Bahn habe sich „mit einer konzernweiten Digitalisierungsoffensive“ das Ziel gesetzt, Prozesse und Angebote zu verbessern, sagte der Sprecher. „Auch für das Bearbeiten von Fahrgastrechtsfällen verfolgen wir dieses Ziel und arbeiten hier an einer digitalen Lösung.“ Das sei „allerdings sowohl fachlich wie auch technisch gesehen komplex und herausfordernd“. Wann die Online-Lösung kommt, kann die Bahn nicht sagen.

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