Senator macht Druck

Von einer Revolution im Hafen träumt Wirtschaftssenator Westhagemann: Im kriselnden Hafen will er hafenfremde Firmen ansiedeln. Heute holt er sogar die schärfsten Kritiker an einen Runden Tisch

Nicht mehr die Zukunft: Mit Containern holt man Rotterdam nicht ein Foto: Axel Heimken/dpa

Von Sven-Michael Veit

Michael Westhagemann ist ein erfahrener Wirtschaftslenker. Hamburgs neuer Wirtschafts- und Verkehrssenator (parteilos) war bei internationalen Konzernen tätig, als studierter Informatiker zuständig für globale Kommunikationssysteme, in Afrika, Ostasien und dem Mittleren Osten, zuletzt 15 Jahre lang bei Siemens in Hamburg als Norddeutschland-Chef. Doch an seiner neuen Aufgabe könnte er sich verheben: Westhagemann will den Hamburger Hafen befrieden und eine neue Strategie für dessen Zukunft entwickeln.

„Es ist schon ziemlich zerstritten hier“, hat der 61-Jährge erkannt, der seit Anfang November als Nachfolger des aus Altersgründen ausgeschiedenen Senators Frank Horch im Amt ist. Ihm sei es aber wichtig, „in einen vertrauensvollen Dialog einzutreten“, sagt Westhagemann. Sein Interesse sei es, dass alle am Hafen Beteiligten „nicht über-, sondern miteinander sprechen“. Dafür hat er für den heutigen Montag ausnahmslos alle Streithähne an einen Runden Tisch ins Gästehaus des Senats am Feenteich geladen. Hier an der Außenalster soll der seit einem Jahrzehnt kriselnde Hafen, den alle wahren Hanseaten seit 830 Jahren für die Schlagader Hamburgs halten, neu erfunden werden: „Ich möchte erreichen, dass alle sich konstruktiv einbringen“, sagt der Senator.

Und deshalb werden alle am Montagabend am Tisch sitzen, die im Hafen was zu sagen haben. Als einzige Frau ist Angela Titztrath dabei, Vorstandsvorsitzende des größten Hamburger Hafenlogistikers HHLA, Jens Meier, Chef der Hafenbehörde Hamburg Port Authority (HPA), und Rolf Habben Jansen, Vorstandschef der Traditionsreederei Hapag Lloyd, natürlich, dazu der Unternehmensverband Hafen Hamburg, der Zentralverband der Seehafenbetriebe und der Verband Deutscher Reeder sowie die Spediteure, die Schiffsmakler, die Seeverlader und die Trucker. Aber auch die Gewerkschaftsbosse von DGB, Verdi und IG Metall Küste sind dabei sowie die schärfsten Kritiker der bisherigen, stur auf Containerwachstum zielenden Hafenpolitik: Manfred Braasch und Alexander Porschke, Chefs der Umweltverbände BUND und Nabu.

Und Westhagemann hat ein paar Ideen, die einer Revolution zumindest nahekommen. Elbvertiefung und mehr Güterumschlag allein werden nicht reichen, um Hamburg auf Augenhöhe mit den großen westeuropäischen Konkurrenzhäfen Rotterdam und Antwerpen halten zu können, glaubt er. Und den letzten Hafenentwicklungsplan aus dem Jahr 2012, der für Mitte des nächsten Jahrzehnts bis zu 25 Millionen Container im Hafen prophezeite, hält er für überholt: „Die Welt verändert sich“, sagt er. Nur Hamburgs Hafen bleibt der alte: Seit zehn Jahren dümpelt er bei neun Millionen Containern im Jahr, Änderung ist nicht in Sicht.

„Der Senator will den Tabubruch: Hafenfremde Unternehmen anzusiedeln gilt Traditionalisten bislang als Teufelszeug“

Und deshalb möchte der Senator den Tabubruch. Hafenfremde Unternehmen im Hafen anzusiedeln gilt Traditionalisten bislang als Teufelszeug. Doch Westhagemann sieht darin die Zukunft. 3D-Druck schwebt ihm vor oder ein Elektrobus-Werk eines süddeutschen Autokonzerns auf der in großen Teilen brachliegenden Halbinsel Steinwerder, für die seit Jahren ein Konzept gesucht wird. Das ergäbe kurze Wege zu Hamburgs Busspuren, aber auch zur Verschiffung der E-Busse in alle Welt. „Das ist jetzt eine richtige Vision“, räumt Westhagemann ein.

Am Montagabend am Runden Tisch werden die Visionen des Senators erstmals diskutiert.