Liberaler Islamverband geplant

Die nach Eklat beim Moscheeverband Ditib offenkundige Einflussnahme der Türkei führt zur Spaltung der Muslime

Im Streit um die wachsende Einflussnahme der Türkei auf die Moscheeverbände in Niedersachsen steht die Gründung eines neuen, liberalen Islamverbandes bevor. Der ehemalige langjährige Vorsitzende des Landesverbandes der Muslime (Schura), Avni Altiner, bestätigte entsprechende Vorbereitungen am Dienstag in Hannover.

Der neue unabhängige Verband solle allen Muslimen und Moscheegemeinden offenstehen, sagte Altiner. Ziel sei es, dass die in langjähriger Arbeit erzielten Erfolge und Absprachen zur Integration der Muslime in Niedersachsen „nicht den Bach heruntergingen“.

Der Vorstoß zur Gründung eines neuen Verbandes folgt auf einen Eklat beim türkischen Moscheeverband Ditib. Dessen langjähriger Landeschef, Yilmaz Kilic, und mit ihm der gesamte Vorstand, waren am Wochenende aus Protest gegen Versuche der Einflussnahme der Türkei zurückgetreten. Landespolitiker regten deshalb die Gründung eines unabhängigen Verbandes an. Zudem forderten sie eine Überprüfung der weiteren Zusammenarbeit mit dem Ditib-Landesverband.

Altiner hatte die Integrationsbemühungen und Vorbereitungen zum islamischen Religionsunterricht gemeinsam mit Kilic vorangetrieben. Er genießt bei vielen Landespolitikern hohes Ansehen. Altiner war 2016 an der Spitze des Schura-Landesverbandes von einem Vertreter der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) abgelöst worden, die der türkischen Regierungspartei AKP nahesteht.

Altiner steht aber vor einer schwierigen Aufgabe. Denn die türkische Religionsbehörde Di­yanat hat großen Einfluss sowohl auf den Moscheeverband Ditib, als auch auf die Schura, was Moscheegemeinden einen Wechsel des Verbandes schwer macht.

Schon länger sah sich Ditib dem Verdacht einer politischen Beeinflussung durch die Türkei ausgesetzt. Ünlü sagte dagegen: „Es verletzt Hunderttausende von Musliminnen und Muslimen in Niedersachsen und Bremen, ständig mit einer Einmischung seitens der Türkei oder Bundeszentrale konfrontiert zu werden und ihnen somit ihre Mündigkeit abzusprechen.“ (dpa)