Verstoß gegen die 50+1-Regel: Droht '96 der Zwangsabstieg?

Mit Satzungstricks schwächt Fußball-Bundesligist Hannover 96 seine Mitglieder auf dem Weg zur Privatisierung. Deswegen könnte nun sogar der Zwangsabstieg drohen.

Martin Kind leckt sich den Mundwinkel

Zu weit gegangen? 96-Präsident Martin Kind sieht sich im Recht Foto: dpa

HANNOVER taz | Dem Fußballverein Hannover 96 droht der Abstieg aus der ersten Bundesliga. Dafür ist nicht nur die sportliche Misere verantwortlich – Hannover dümpelt auf Relegationsplatz 16 herum -, sondern offenbar auch die Vereinspolitik von 96-Chef Martin Kind.

Die Sport Bild berichtet, dass dem Verein wegen einer Satzungsänderung ein zweistelliger „Rekord-Punkteabzug“ droht, weil die Neuregelung gegen die 50+1-Regel verstoße. Auch die Bundesliga-Lizenz für die kommende Saison sei in Gefahr.

Die 50+1-Regel besagt, dass der Mutterverein mehr als die Hälfte der Anteile an der Profifußballsparte eines Klubs besitzen muss, damit die Mitglieder mitbestimmen können. Martin Kind will eine Ausnahme von dieser Regel erreichen und Hannover 96 damit für den Einfluss von Investoren öffnen. Dagegen wehren sich in Hannover Vereinsmitglieder.

Hannover 96 hat ein recht kompliziertes Firmengeflecht. Der Verein besitzt bisher 100 Prozent der Hannover 96 Management GmbH und darf darüber auch den Geschäftsführer der organisatorisch ausgegliederten Profi­sparte von Hannover 96 bestimmen.

50+1 faktisch ausgehebelt

Die Satzungsänderung entmachtet den Geschäftsführer und gibt dem Aufsichtsrat mehr Macht, in dem die Investoren und Martin Kind das Sagen haben. Die Interessengemeinschaft Pro Verein 1896 kritisiert, dass damit faktisch die 50+1-Regel ausgehebelt werde.

Die Deutsche Fußballliga (DFL), die durch Medienberichte auf die Satzungsänderung aufmerksam wurde, will sich nicht dazu äußern, ob Hannover 96 Punktabzüge und damit eventuell der Abstieg drohen. Ein Sprecher verweist auf eine kurze Stellungnahme aus dem Oktober: Die DFL stehe mit Hannover 96 im Austausch.

Dass die DFL den Bemühungen Kinds kritisch gegenübersteht, ist bekannt. Im Juli hat der Verband einen Ausnahmeantrag von Hannover 96 abgelehnt, weil Kind den Verein nicht „erheblich“ finanziell gefördert habe. Kind ist deshalb vor ein internes Schiedsgericht der DFL gezogen. Die Entscheidung steht aus.

Kind fährt gegen die Wand

Die Satzungsänderung hat Kind parallel vorangetrieben. Falls sie gegen die Regeln verstieße, wäre ein Punktabzug oder eine Geldstrafe theoretisch möglich. Die DFL prüft zudem vor jedem Saisonstart, ob die Vereine alle Voraussetzungen für eine Lizenz erfüllen – dazu gehört auch 50+1.

Sollte 96 seine Satzungsänderung nicht wieder zurücknehmen, könnte der Verein also tatsächlich seine Lizenz riskieren. Weil auch in der Dritten Liga noch die 50+1-Regel gilt, würde das den Abstieg in den Amateurbereich bedeuten. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass 96 zunächst aufgefordert würde, die Satzung zu korrigieren.

Der Verein hält an seiner Linie fest: Die Änderung orientiere sich am Regelwerk der DFL, heißt es in einer Stellungnahme. „Ziel ist die Stabilität und der Erhalt der Substanz von Hannover 96.“

„Es hängt jetzt an Martin Kind, ob er das ganze gegen die Wand fahren lässt“, sagt Robin Krakau von Pro Verein. Der Vereinschef müsse die Satzung erneut ändern: „Sonst riskiert er den Profifußball von Hannover 96.“

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