Bundestagsvize:
AfD-Kandidatin fällt durch

Mariana Harder-Kühnel erhält keine Mehrheit. Bereits der erste Kandidat Albrecht Glaser war gescheitert

Von Sabine am Orde

Die AfD stellt weiter keinen Vertreter im Präsidium des Bundestags. Mit einer Mehrheit von 387 Stimmen ließ das Parlament am Donnerstag die AfD-Abgeordnete Mariana Iris Harder-Kühnel durchfallen. Sie hatte sich zur Wahl als Bundestagsvizepräsidentin gestellt. Harder-Kühnel erhielt 223 Ja-Stimmen – die AfD-Fraktion hat 92 Vertreter. 44 Abgeordnete enthielten sich. Für das Bundestagspräsidium wird in geheimer Wahl abgestimmt. Bei Redaktionsschluss stand nicht fest, ob am Abend weitere Wahlgänge angesetzt wurden.

Die Kandidatur der Juristin war der inzwischen vierte Anlauf der AfD für das Präsidium des Bundestags. Der Abgeordnete Albrecht Glaser war drei Mal für das Amt des Vizepräsidenten angetreten, hatte jeweils aber nicht die erforderliche Mehrheit erhalten. Dem Präsidium des Bundestags gehören sechs Mitglieder an. Bundestagspräsident ist Wolfgang Schäuble (CDU). Seine Stellvertreter sind Hans-Peter Friedrich (CSU), Thomas Oppermann (SPD), Wolfgang Kubicki (FDP), Petra Pau (Linke) und Claudia Roth (Grüne). Nach der Geschäftsordnung des Bundestags hatte jede Fraktion Anspruch auf einen Posten im Präsidium.

Mariana Harder-Kühnel stammt wie Glaser aus Hessen und zählt innerhalb der AfD zu den eher moderateren PolitikerInnen. Das Kalkül der Fraktion war eigentlich: Gegen Harder-Kühnel speziell ist schwer etwas vorzubringen – außer, dass sie die Positionen ihrer Partei teilt. SPD und Linkspartei hatten bereits kurz nach der Nominierung angekündigt, nicht für Harder-Kühnel zu stimmen, weil sich die Partei nicht ausreichend vom Rechtsextremismus distanziere. Auch aus den anderen Fraktionen hörte man kritische Stimmen.

Union, SPD und FDP hätten das Angebot der AfD ausgeschlagen, Harder-Kühnel zu befragen, hatte der Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Bernd Baumann, vorab kritisiert.

Harder-Kühnel, 44, war hessische Spitzenkandidatin ihrer Partei und ist familienpolitische Sprecherin ihrer Fraktion. Die Juristin verortet sich in der Partei „irgendwo in der Mitte“ und sagt, sie sei „AfD pur“. Sie bringe „Sachlichkeit, Neutralität und Ausgewogenheit“ mit, sagte Harder-Kühnel nach ihrer Nominierung über sich selbst. Und: „Ich möchte eine Bundestagsvizepräsidentin für alle Fraktionen sein.“

Vor einem Jahr hatten die anderen Fraktionen dem langjährigen CDU-Kommunalpolitiker Glaser wegen dessen Äußerungen zum Islam die Zustimmung verweigert. Glaser hatte den Muslimen in Deutschland das im Grundgesetz verbriefte Recht auf Religionsfreiheit abgesprochen, weil seiner Auffassung nach der Islam selbst keine Religionsfreiheit kennt. „Dem privaten Gläubigen muss das Recht auf Religionsfreiheit zustehen“, sagte dagegen Harder-Kühnel. Das sei grundgesetzlich garantiert und könne nicht entzogen werden. Bei Glasers Kandidatur hieß es allerdings noch, die Fraktion sehe das genauso wie Glaser. (mit epd)