„Bahn ist Katastrophe“

Gewerkschafter im DB-Aufsichtsrat: Schuld an Verspätungen sind Politik und Vorstand, weil der Konzern seit Jahren ausblute. „Tausende Beschäftigte fehlen“

Kurz vor Weihnachten eskaliert bei der Deutschen Bahn der Streit um die Verantwortung für die Misere. Am Wochenende meldete sich Klaus-Dieter Hommel, für die Bahngewerkschaft EVG im Aufsichtsrat, zu Wort: „Das ist hier inzwischen eine einzige Katastrophenveranstaltung“, sagte er der Welt am Sonntag. „Wenn die Deutsche Bahn ein Autohersteller wäre, wären die Lenkräder hinten montiert und die Räder oben.“

Sein Gewerkschaftskollege und Vizechef des Aufsichtsrats, Alexander Kirchner, warnte vor Frust bei den Beschäftigten: „Nicht wenige denken: Es wird eh nicht besser.“ Angesichts von nur 70,4 Prozent pünktlicher Züge im Fernverkehr im November seien „die Kollegen in den Zügen und Bahnhöfen direkt mit der Wut der Reisenden konfrontiert“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Schuld seien nicht nur der Vorstand um Bahnchef Richard Lutz, sondern auch die Politik, die dem Unternehmen das notwendige Geld verweigert habe. Die Bahn sei jahrelang „auf Verschleiß gefahren worden. Es fehlen Tausende Beschäftigte, Kapazitäten bei der Infrastruktur und bei den Zügen.“

Auch die Politik macht Druck: „Ich erwarte vom Vorstand, dass er nachvollziehbar erklärt, wie der finanzielle Mehrbedarf gedeckt werden soll“, forderte Aufsichtsratschef Michael Odenwald, Ex-Staatssekretär im Verkehrsministerium. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte bessere Qualität beim Bahnfahren angemahnt, es gebe Zeitdruck und „eine riesige Aufgabenstellung für die Spitze der Bahn“. Am 15.Januar solle der Vorstand Pläne zur Verbesserung der Lage präsentieren, hieß es.

Die Bahn will nach eigenen Angaben in den nächsten fünf Jahren zusätzlich fünf Milliarden Euro in neue Züge und Schienen investieren. Vier Milliarden davon seien allerdings noch nicht finanziert, hieß es aus Kreisen des Aufsichtsrats. Der Bedarf an neuem Geld liege aber deutlich höher, etwa bei acht bis zehn Milliarden, hieß es. (dpa, taz)