Türkischer Sektenführer Gülen: USA dementieren Auslieferungsplan

DIe USA weisen Behauptungen zurück, sie würden den Prediger Gülen ausliefern – und klagen in dem Fall zwei „illegale Agenten“ Ankaras an.

Haus in USA

Ringen um eine Auslieferung: US-Wohnsitz von Fethullah Gülen Foto: dpa

ISTANBUL taz | Erwartungen in der Türkei, dass die USA den Sektenführer Fethullah Gülen ausliefern, haben am Montagabend einen Dämpfer bekommen. Nach Angaben eines Sprechers des Weißen Hauses hat Donald Trump gegenüber dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan mitnichten die Auslieferung zugesagt. Er widersprach damit dem türkischen Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu, der vergangene Woche mitgeteilt hatte, Trump hätte am Rande des G20-Gipfels in Buenos Aires die Auslieferung in Aussicht gestellt. „Wir arbeiten hart daran“, soll Trump gesagt haben.

Das Hin und Her um die Auslieferung des 77-Jährigen ist aus türkischer Sicht damit um eine weitere Enttäuschung reicher. Die Regierung, aber auch die Oppositionsparteien, gehen davon aus, dass der seit 1998 im Exil lebende Anführer der einflussreichen Gülen-Sekte der Initiator und Drahtzieher des folgenreichen Putschversuchs im Juli 2016 gewesen ist.

Der Anfangsverdacht, der unmittelbar nach der Putschnacht aufkam, soll sich in etlichen Gerichtsverfahren gegen Gülen-Anhänger in der Türkei erhärtet haben. Doch die US-Justiz ist von den vorgelegten „Beweisen“ keineswegs überzeugt. Ganz im Gegenteil: Ermittler, die mit den türkischen Dokumenten befasst waren, erklärten, dass man Gülen mit dem vorgelegten Material nichts beweisen könne. Auch jüngst nachgereichte Unterlagen ändern an der Einschätzung offenbar nichts.

Stattdessen hat die US-Justiz jetzt zum Gegenschlag ausgeholt. Am Montag wurden zwei Männer angeklagt, die nach Überzeugung der Staatsanwälte als „illegale Agenten“ der türkischen Regierung versucht haben sollen, auf eine Auslieferung Gülens hinzuwirken. Dies sei durch illegale Lobbyarbeit versucht worden, ging aber angeblich bis hin zu Überlegungen, Gülen zu kidnappen.

600.000 Dollar aus Türkei

Es handelt sich um den in Kalifornien lebenden US-Bürger Bijan Rafiekian und den Türken Kamil Alptekin. Rafiekian und Alptekin sollen mit dem damaligen Sicherheitsberater von Trump, Michael Flynn, zusammengearbeitet haben. Nun war Flynn vielleicht nicht die glücklichste Wahl, denn er gehörte zu den ersten engen Mitarbeitern von Trump, die über die Russland-Affäre stolperten. Später arbeitete er mit dem Sonderermittler Mueller zusammen und hofft nun auf eine Bewährungsstrafe.

Laut Anklage war Flynn offenbar nicht nur Putin behilflich, sondern sollte für rund 600.000 US-Dollar aus der Türkei auch Erdoğan bei der „Rückführung“ Fethullah Gülens zur Hand gehen. Flynn und Rafiekian hätten dazu eine Firma gegründet. Alptekin sei der Verbindungsmann in die türkische Hauptstadt Ankara gewesen. Laut Wall Street Journal seien die Verbindungsleute für Alptekin der heutige türkische Finanzminister Berat Albayrak und Außenminister Çavuşoğlu gewesen. Mit dem Geld aus der Türkei sollten US-Politiker und die öffentliche Meinung in den USA zu Ungunsten Gülens beeinflusst werden. Mindestens in einem Zeitungsartikel hatte sich Flynn – damals noch als designierter Sicherheitsberater – für die Auslieferung Gülens ausgesprochen.

Mit Geld aus der Türkei sollten US-Politiker beeinflusst werden

Sollte es gegen Rafiekian und Alptekin tatsächlich zu einem Prozess kommen, dürfte die Auslieferung Gülens noch unwahrscheinlicher werden, als sie sowieso schon ist.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.