Kolumne Pressschlag: Aus Fehlern der Vergangenheit lernen

Ein früherer Trainer des Deutschen Kanu-Verbands wurde vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen. Prävention im Sport bleibt nötig.

Ein Kanufahrer auf trübem Wasser

Die Chance, eine vor Jahren begangene Vergewaltigung vor Gericht zu beweisen, ist meist trübe Foto: dpa

Eine Vergewaltigung vor Gericht zu beweisen, die über vier Jahre zurückliegt, ist, schon juristisch gesehen, eine schwierige Angelegenheit – zumal wenn Aussage gegen Aussage steht. Für die Klägerinnen und Kläger ist es aber vor allem deshalb schwierig, weil sie sich einer psychischen Extrembelastung auszusetzen haben. Sie müssen sich vor Gericht noch einmal ausziehen lassen, müssen fremden, zweifelnden Menschen Fragen zu intimsten Verletzungen beantworten.

Die Gefahr von Retraumatisierungen, wissen Experten, ist nicht gering. Einer solchen Situation setzt sich freiwillig niemand gern aus. Sprich, die Hemmschwelle, sich so etwas auszudenken, ist extrem hoch.

Auch deshalb sagt es wenig aus, wenn nun ein früherer Bundestrainer des Deutschen Kanu-Verbands vom Vorwurf der Vergewaltigung wegen widersprüchlicher Aussagen der Klägerin freigesprochen wurde. Wie viele andere Fälle ist dieser offenbar auf juristischer Ebene nicht zu klären gewesen. Aus rechtsstaatlicher Sicht mag das Urteil richtig sein, die abschreckende Wirkung, die es auf Betroffene sexualisierter Gewalt hat, ist aber zu bedauern. Denn viele scheuen sich davor, Verbrechen öffentlich zu machen, weil sie leider zu Recht fürchten, in der schwächeren Position zu sein.

Das Beispiel zeigt umso mehr die Dringlichkeit von Prävention im Sport. Es braucht Aufmerksamkeit und Ansprechpartner für die Gefahr sexualisierter Gewalt in jedem noch so kleinen Verein. Dass im Falle des angeklagten Kanutrainers mehrere Athletinnen erst einmal einen anonymen Brief an den Verband schickten, in dem sie von Übergriffen berichteten, zeigt recht illustrativ den Mangel an Vertrauen.

Weiter nachforschen

Unter dem Dach der Deutschen Sportjugend ist man zwar in den letzten Jahren eifrig bemüht, Präventionskonzepte an die Basis weiterzugeben, das Interesse daran ist jedoch an vielen Orten gering ausgeprägt.

Was im Sinne der Prävention ebenso wichtig ist, wäre die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen im Sport. Den Athletinnen und Athleten muss signalisiert werden, dass der organisierte Sport bereit ist, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Dafür bedarf es systematischer Studien, wie sie jüngst auch die katholische Kirche präsentiert hat. Und wenn die Fälle bei den Gerichten zu den Akten gelegt werden, sind die Vertreter des Sports nicht aus der Verantwortung entlassen. Sie müssen weiter nachforschen und entsprechende Konsequenzen ziehen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.