Parteitag in Hamburg: CDUnd nun?

Annegret Kramp-Karrenbauer ist die neue Parteichefin. Paul Ziemiak neuer Generalsekretär. Fragen und Antworten zur CDU nach der Wahl.

Paul Ziemiak

Der nächste CDU-Generalsekretär: Paul Ziemiak Foto: Reuters

HAMBURG taz | Der Freitag war für die CDU ein historischer Tag. Angela Merkel wurde als Parteivorsitzende verabschiedet, Annegret Kramp-Karrenbauer in einem Wahlkrimi zur Nachfolgerin gewählt. Passiert heute noch etwas Spannendes?

Ja, AKK präsentiert ihren Generalsekretär. Das ist nicht nur wegen der Aufgabe und der Bedeutung des Postens wichtig – Merkel hat AKK zur Generalsekretärin gemacht, um sie als Nachfolgerin in Stellung zu bringen. Die neue Chefin muss mit dieser Personalie auch ein Signal an jene senden, die Friedrich Merz als Parteichef unterstützt haben und damit einen ersten Schritt tun, um diese einzubinden.

Wer wird Generalsekretär?

AKK hatte Paul Ziemiak vorschlagen, den Vorsitzenden der Jungen Union, der dann auch mit 62,8 Prozent gewählt wurde. Er gilt als Freund von Gesundheitsminister Jens Spahn, der im Kampf um den Vorsitz im ersten Wahlgang ausgeschieden war. Ziemiak ist ein Doppelschlag: Er spricht die Jungen in der Partei an und auch konservative Merkel-Kritiker. Im Gespräch war auch der sächsische Abgeordnete Marco Wanderwitz. Das wäre vor den Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen im kommenden Jahr ein Signal in den Osten gewesen. Diese Wahlen werden – vor allem wegen der Stärke der AfD in den drei Ländern – die erste richtig große Herausforderung für AKK.

Vor welchen Herausforderungen steht AKK als Parteichefin sonst noch?

Sie wird die CDU vor allem wieder zusammenführen müssen. Die Partei ist gespalten, das ist bei der Wahl deutlich geworden. AKK bekam 517, Merz 482 Stimmen. Das sind nur 35 Stimmen Vorsprung. Die Merz-Anhänger wollten eine Wende, einen Bruch mit der Politik Merkels. Der aber kommt jetzt nicht. AKK muss versuchen, Merz' AnhängerInnen einzubinden und die Partei zu einen. Leicht wird das nicht: Sie sollte inhaltlichen Streit und andere Positionen zulassen, darf dabei aber nicht die Kontrolle verlieren. Sie muss das Profil der Partei schärfen und zeigen, was Konservatismus heute und morgen noch sein kann ohne gestrig zu werden. Und sie muss die AfD erfolgreich bekämpfen.

Kann das klappen mit dem einen?

Anders als mit Merz kann Merkel mit AKK gut zusammenarbeiten, deshalb kann es gut sein, dass sie bis zum Ende der Legislaturperiode Kanzlerin bleibt.

Schwer zu sagen. Direkt nach ihrer Wahl hat AKK dafür alles Mögliche getan: Sie hat ihre unterlegenen Kontrahenten auf die Bühne geholt, sich für den „fairen Wettstreit“ bedankt und Spahn und Merz gebeten, an der Parteispitze weiter mitzuwirken. Sie hat das Signal gesendet, dass die CDU es nur gemeinsam schaffen kann, als Volkspartei erfolgreich zu sein. Aber die Gräben in der CDU sind tief, die Enttäuschung im Merz-Lager ist groß. So sehr hatte man gehofft, endlich mit der Merkel-Politik aufzuräumen. Sich selbst einbinden lassen, das will Merz offenbar nicht: Anders als Spahn kandidierte er am Abend nicht für das Präsidium der Partei.

Warum hat AKK letztlich gewonnen?

Vielleicht kam der entscheidende Move tatsächlich erst am Freitag mit der Vorstellung der drei KandidatInnen. Kramp-Karrenbauer, eigentlich keine mitreißende Rednerin, hat sich selbst übertroffen. Sie sprach emotional und zugleich selbstbewusst und hat damit die Delegierten gepackt. Merz dagegen, eigentlich rhetorisch versierter als AKK, brauchte eine Weile, bis er Fahrt aufnahm und blieb hinter den Erwartungen zurück.

Was bedeutet der Sieg AKKs für die Kanzlerin?

Dass sich Merkel die Saarländerin als Nachfolgerin gewünscht hat, ist allgemein bekannt. Sie hat AKK deshalb aus Saarbrücken nach Berlin geholt und sie zur Generalsekretärin gemacht. Anders als mit Merz kann Merkel mit AKK gut zusammenarbeiten, deshalb kann es gut sein, dass sie bis zum Ende der Legislaturperiode Kanzlerin bleibt. Und: Mit AKK werden die Grundzüge von Merkels Politik nicht in Frage gestellt, auch wenn es Korrekturen geben wird. Auch weil AKK beweisen muss, dass sie keine Merkel-Kopie ist. Ein Sieg von Merz aber hätte Merkels Erbe wohl geschreddert. Merkel selbst wurde von der Partei warm und mit langem, stehenden Beifall verabschiedet.

Und für die anderen Parteien?

AKK tickt gesellschaftspolitisch zwar konservativer als die Kanzlerin, für die SPD bleibt es trotzdem schwierig, sich innerhalb der großen Koalition von der Union abzugrenzen. Mit Merz an der CDU-Spitze wäre das leichter gewesen. Die Grünen dürfen mit AKK weiter auf Schwarz-Grün auf Bundesebene hoffen. Die AfD, der mit Merkel langsam ihr Lieblingsfeindbild abhanden kommt, wird alles tun, um die Politik der Saarländerin als schlichtes „weiter so“ darzustellen. Aber sie hat ein Problem: „Kramp-Karrenbauer muss weg“ – das brüllt sich einfach nicht gut.

Was passiert sonst noch auf dem CDU-Parteitag?

Es wurde und wird vor allem viel gewählt. Neben der Parteichefin unter anderem auch ihre StellvertreterInnen: Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier, der mit 90 Prozent am besten abschnitt, außerdem Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner, NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, die mit knapp 58 Prozent das schlechteste Ergebnis von allen bekam. Abgeräumt hat die Parteiführung am Freitagabend auch noch das strittige Thema UN-Migrationspakt. Ihr Antrag, angelehnt an den der großen Koalition im Bundestag, wurde angenommen. Am Samstag will die Partei auch noch die Leitfragen für das neue Grundsatzprogramm beschließen, das im Jahr 2020 beschlossen werden soll.

Und was macht Jens Spahn?

Hat zwar verloren, gehört aber trotzdem zu den Gewinnern des Parteitags. „Ja, auch ich lese Umfragen. Aber ich kann Ihnen sagen, es fühlt sich richtig an, hier zu stehen“, sagte er bei seiner Bewerbungsrede mit Blick auf seine geringe Erfolgsaussichten bei der Wahl zum Parteichef. Mit knapp 16 Prozent aber schnitt er im ersten Wahlgang letztlich besser ab, als viele zuvor gedacht haben. Spahn ist mit 38 jung und kann noch was werden. Zunächst bleibt er Gesundheitsminister, am Freitagabend wurde er mit 89 Prozent erneut ins Präsidium der CDU gewählt.

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