Arbeitsagentur kritisiert Vorurteile

Vorbehalte gegenüber Behinderten seien bei vielen Arbeitgebern noch längst nicht überwunden

Viele Menschen mit Behinderung bekommen nach Einschätzung der Agentur für Arbeit immer noch wegen unberechtigter Vorurteile keine Chance auf dem Arbeitsmarkt. „Arbeitgeber meinen häufig: Die werden wir nicht wieder los, die sind öfter krank und weniger flexibel“, sagte die Regionaldirektorin Nord der Arbeitsagentur, Margit Haupt-Koopmann, in Kiel. Dies stimme so nicht. Es sei zwar richtig, dass Behinderte einen besonderen Kündigungsschutz haben. „Aber wenn gekündigt werden muss, stimmen die Integrationsämter in 80 Prozent der Fälle zu.“ Zudem seien Beschäftigte mit Behinderung seltener krank.

„Bezogen auf alle Arbeitslosen sind Arbeitslose mit Behinderung überdurchschnittlich qualifiziert“, sagte Haupt-Koopmann. „53,6 Prozent haben eine berufliche Ausbildung.“ Bei den Arbeitslosen insgesamt seien das 46,6 Prozent. Doch trotz des bestehenden oder drohenden Mangels an Fachkräften seien derzeit 4.700 Menschen mit Behinderung arbeitslos. Dabei gebe es zahlreiche positive Beispiele – „auch in kleinen Betrieben“, sagte Haupt-Koopmann.

Mit einem Anteil von 4,4 Prozent an den Beschäftigten liegt die Quote der Menschen mit Behinderung in Schleswig-Holstein unter dem Bundesmittel von 4,7 Prozent. Vorgeschrieben sind bei mindestens 20 Beschäftigten eigentlich fünf Prozent. „Die öffentlichen Arbeitgeber erfüllen die Quote“, sagte Haupt-­Koopmann. „Bei privaten werden nur 3,8 Prozent erreicht.“ Insgesamt seien 7.350 Pflichtarbeitsplätze unbesetzt. 1.360 Arbeitgeber, die Leute mit Behinderung beschäftigen müssten, hätten keine solchen.

„Ich wünsche mir, dass mehr Arbeitgeber Bewerbern mit Handicap die Chance geben, sich zumindest vorzustellen oder sie drei Monate zur Probe arbeiten zu lassen“, sagte Haupt-Koopmann. Darüber hinaus trügen die Arbeitsagenturen und Jobcenter einen Teil der Lohnkosten. (dpa)