Tarifeinigung mit Lokführern: Streiks bei der Bahn abgewendet

Einmalzahlung, Lohnsteigerung und ein „Recht auf Nicht-Erreichbarkeit“: Bahn und Gewerkschaft haben sich geeinigt. Streiks sind bis 2021 vom Tisch.

Wartende drängen sich auf einem Bahnhof um den Eingang eines Zuges

Kommt auch ohne Streik öfters vor bei der Bahn: überfüllte Bahnhöfe und Züge wegen Ausfällen Foto: dpa

BERLIN taz | Jetzt hat sich die Deutschen Bahn auch mit der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) geeinigt. In der Nacht zum Freitag endete damit für den Staatskonzern die aktuelle Tarifrunde. Mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hatte er sich bereits Mitte Dezember auf einen Abschluss verständigt. Bis zum Frühjahr 2021 brauchen Reisende nunmehr keine Zugausfälle aufgrund von Streiks mehr befürchten.

Von einem „guten Signal für Mitarbeiter, Kunden und Unternehmen“, sprach Bahn-Personalvorstand Martin Seiler bei der Präsentation des Verhandlungsergebnisses in einem Frankfurter Hotel. „Außerordentlich zufrieden“ zeigte sich auch GDL-Chef Claus Weselsky. „Es ist uns gelungen, trotz einiger Turbulenzen eine gemeinsame Grundlage zu finden.“

Damit spielte Weselsky auf einige Verstimmungen an, die es in der Schlusskurve noch gegeben hatte. Die hatten mit der komplizierten Gemengelage bei der Bahn zu tun, die einiges diplomatische Fingerspitzengefühl erfordert. Denn es ist nicht gerade einfach, bei getrennten Verhandlungen mit der EVG und der GDL jeweils „widerspruchsfreie“ Abschlüsse zu erreichen, die sich nicht grundsätzlich unterscheiden dürfen.

Genau das jedoch ist der Anspruch des Bahnvorstands. Damit das gelingen kann, ist es unumgänglich, die Befindlichkeiten der beiden konkurrierenden Gewerkschaften zu berücksichtigen.

Muskeln spielen lassen

In der Praxis bedeutete das: Eigentlich war der Bahnvorstand mit der GDL ebenfalls bereits Mitte Dezember handelseinig, zögerte dann aber die Unterzeichnung der entsprechenden Vereinbarungen aus diplomatischen Gründen hinaus. Er wollte zunächst mit der wesentlich größeren EVG abschließen, die kurz zuvor mit einem Warnstreik ihre Muskeln hatte spielen lassen. Davon jedoch fühlte sich die GDL brüskiert.

Doch nun ist alles wieder gut – und der Bahnvorstand hat erreicht, was er erreichen wollte: Die Vereinbarungen mit der EVG und der GDL sind im Kern deckungsgleich. Danach erhalten die rund 160.000 Bahnbeschäftigten zunächst im Februar eine Einmalzahlung von 1.000 Euro. Zum 1. Juli steigen dann zunächst die Löhne um 3,5 Prozent, weitere 2,6 Prozent sind ein Jahr später fällig.

Statt für die zweite Tariferhöhung können sich die Beschäftigten auch für sechs Tage mehr Urlaub oder eine Arbeitszeitverkürzung entscheiden. Außerdem erhöht sich die arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersvorsorge zum 1. Januar 2020 von 2,2 Prozent auf 3,3 Prozent, mindestens aber um 75 Euro. Die Tarifverträge mit den beiden Gewerkschaften gelten rückwirkend vom 1. Oktober 2018 bis 28. Februar 2021 und haben damit eine lange Laufzeit von 29 Monaten.

Anspruch auf Nicht-Erreichbarkeit

Von dem der EVG unterscheidet sich der Tarifvertrag der GDL denn auch nur in Details, bei denen es vor allem um besondere Problemlagen des Zugpersonals geht. Dazu gehört eine tarifvertragliche Klarstellung, dass MitarbeiterInnen außerhalb von Arbeitszeiten und Rufbereitschaften nicht erreichbar sein müssen. „Wir haben eine messerscharfe Trennung von Arbeit und Freizeit erreicht“, freute sich Weselsky. Es bestehe nunmehr ein „unanfechtbarer Anspruch auf Nicht-Erreichbarkeit“.

Das geschnürte Gesamtpaket sei ein „wichtiges Zeichen der Wertschätzung für unsere Belegschaft und ein großer Schritt in eine noch modernere Tarif- und Arbeitswelt“, sagte Bahnvorstand Seiler. Nun könne sich die Bahn „auf unsere Themen Qualität und Zuverlässigkeit“ konzentrieren.

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