Rekommunalisierung nächster Teil: Fragezeichen in Karl-Marx-Allee

Staatssekretär will erst Freitag sagen, wie viele Mieter mithelfen wollen, sich vor Übernahme durch Deutsche Wohnen zu schützen.

An einer Wand in der Karl-Marx-Allee klebt ein Spruch: Von Arbeiterpalästen zu Spekulationsobjekten

Von der Karl-Marx-Allee zur Protest-Allee, yeah! Foto: Andreas Hergeth

Sind es doch weniger Mieter, die beim Vorkaufsmodell in der Karl-Marx-Allee gegen das wenig geliebte Privatunternehmen Deutsche Wohnen mitmachen wollen? Nach Abgabeschluss für die nötigen Unterlagen mochten sich führende Politiker nicht konkret auf eine sehr hohe Beteiligung festlegen. Bausenatorin Katrin Lompscher und Fraktionschefin Carola Bluhm (beide Linkspartei) sprachen zwar von „großem Vertrauensvorschuss“ und „großartigem Erfolg“, aber ansonsten nur davon, dass die nötige Hürde von 26 Prozent Mieterbeteiligung genommen sei. Am Mittwoch hatte Friedrichshains Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) noch einen Zwischenstand von 70 Prozent genannt und auf 80 Prozent gehofft.

Bis 13 Uhr am Donnerstag sollten sich die Mieter der von einer Übernahme durch die Deutsche Wohnen betroffenen rund 700 Wohnungen geäußert haben. „Die genau geprüfte Zahl wird morgen (Freitag 4. Januar 2019, Anm. d. Red.) mit der Übergabe der Unterlagen mitgeteilt“, kündigte Staatssekretär Scheel an.

Vertreter von Senat, Bezirk und Mieteranwälte hatten ab 9 Uhr bei einer weiteren Informationsveranstaltung klargemacht, worum es bei dem geht, was die rot-rot-grüne Koalition als „gestreckten Erwerb“ unterstützt. Dessen Kern ist das sogenannte Vorkaufsrecht. Das besagt: Wenn ein Vermieter Wohnungen verkaufen will, muss er sie zuerst den bisherigen Mietern anbieten. Im Normalfall ist das nur pro forma, weil den Mieter meist das Geld zum Kauf fehlt, zumal bei den immens gestiegenen Immobilienpreisen.

Damit die Wohnungen an der Karl-Marx-Allee trotzdem nicht an die Deutsche Wohnen gehen, die sich mit den bisherigen Eigentümern im November bereits einig war, hatte Baustadtrat Schmidt in den vergangenen Wochen einen neuen Weg verfolgt: Die Mieter, wenn sie nicht selbst Eigentümer werden wollen und dazu einen Kredit über die landeseigene Investitionsbank bekommen, treten ihr Vorkaufsrecht an die gleichfalls landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Gewobag an.

Einst in Landeshand

Die Wohnungen kämen damit in Landeshand, die Mieter wären vor drastischem Mietanstieg geschützt. In sogenannten Milieuschutzgebieten hat ein Bezirk selbst ein solches Vorkaufsrecht, bei den betroffenen vier Wohnblöcken an der Karl-Marx-Alle trifft das aber nur auf einen Block zu.

Christian Gräff, Wohnungsexperte der CDU im Abgeordnetenhaus und bis 2016 Baustadtrat in Marzahn-Hellersdorf, lobte gegenüber der taz zwar Beratung und Information der Mieter. Das Problem mit dem Vorkaufsrecht aus seiner Sicht: Wenn man so aufkaufe, „dann muss das in Zukunft für alle Berliner gelten, was uns teuer zu stehen kommt“.

Grünen-Miet­expertin Katrin Schmidberger mag das nicht gelten lassen: „Allen helfen oder keinem“ sei kein Weg, den sie verfolge, sagte sie der taz. Zumal die Wohnungen in der Karl-Marx-Allee eine Besonderheit seien, weil sie einst in Landeshand waren.

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