Kommentar von Thomas Mauch zu einem Raum der Stille im Schloss
: Ein Panikraum gegen all die Zumutungen

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Thomas Mauch ist Chef vom Dienst.

Vielleicht kam dem Herrn Parzinger die Idee, weil gerade die besinnlichen Tage waren, in denen gern was von der „Stillen Nacht“ gesungen wird. Stille – wer könnte gegen die bei dem ganzen Getöse, das uns immer entgegenschlägt, etwas einzuwenden haben?

Dieser Stille also will Hermann Parzinger im künftigen Humboldt Forum einen Raum reservieren. Als „Raum der Stille“ soll er im rekonstruierten Schloss an das koloniale Unrecht erinnern. „Die Besucher werden in dem Haus sehr viele Informationen über die Zeit des Kolonialismus bekommen“, sagt der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. „Aber es wäre wichtig, irgendwo auch einen Platz zu schaffen, der darüber hinaus nachdenklich macht und eigene Gedanken und Reflexion zulässt.“

Stille. Nachdenken. Klingt erst mal nicht übel. Hat aber einen Nachgeschmack. Als ob Parzinger seiner eigenen Einrichtung nicht ganz zu trauen scheint und mit dem Raum der Stille eine Art Panikraum will, in dem man sich von all den Zumutungen rundherum in Sicherheit bringen kann. Sollte ein solcher Raum tatsächlich eingerichtet werden, darf man sich bereits auf die Diskussion darüber freuen, ob der überhaupt von TäterInnen-Kindeskinder und Opfer-Nachfahren gleichzeitig in Anspruch genommen werden kann …

Weil Geschichte eben Zumutung ist. Besonders gilt das beim Kolonialismus, dieser Geschichte mit Raub und Völkermord. Dass das auch eine deutsche Geschichte ist, das wurde durchaus mit der Debatte über das Humboldt Forum ins Bewusstsein gerückt, mit dem Streit über die Kunst und wie sie präsentiert werden soll – die Bestände des Museums für Asiatische Kunst und des Ethnologischen Museums, oft eng mit der Kolonialgeschichte verwoben.

Eine Debatte, die bestimmt nicht mit der Eröffnung des Humboldt Forums beendet sein wird. Deswegen braucht es auch keinen Raum der Stille zur Reflexion. Der Reflexionsraum – wenn da nicht nur was ruhig gestellt sein soll – ist doch das Humboldt Forum selbst.