Noch ein Datenschutz-Leck bei Facebook

Schon wieder sind offenbar massenhaft Nutzerinformationen nach außen gelangt

Datenschutz ist hier offenbar nicht viel wert Foto: reuters

Über Jahre hinweg hat Facebook offenbar persönliche Daten von Hunderten Millionen Nutzern an einige der weltgrößten Technologieunternehmen weitergegeben. Laut Recherchen der New York Times hatte das soziale Netzwerk Vereinbarungen mit 150 Konzernen, darunter Branchengrößen wie Amazon, Microsoft oder Spotify, die den Datenaustausch mit Facebook erleichtern sollten – ohne Kenntnis der Nutzer. So soll Microsofts Suchmaschine Bing Zugriff auf die Namen von Facebook-Freunden eines Nutzers gehabt haben, die Streamingdienste Netflix und Spotify sollen private Nachrichten eingesehen haben können. Interviews mit ehemaligen Mitarbeitern und Dokumente zeigen laut NYT, dass für diese Geschäftspartner praktisch die Datenschutzbestimmungen von Facebook nicht gültig waren.

Die neuen Vorwürfe reihen sich ein in ein Jahr voller Skandale bei Facebook. So stand der Konzern im März unter Beschuss, weil die britische Datenanalyse- und Politikberatungsfirma Cambridge Analytica die Daten von mehr als 87 Millio­nen Nutzern rechtswidrig abschöpfen konnte. Diese wurden offenbar auch im Wahlkampf des Teams von Donald Trump genutzt.

Konzernchef Mark Zuckerberg musste sich immer wieder entschuldigen. Diesmal betonte seine Firma, die „Schnittstellen“ zu anderen Firmen seien dazu gedacht gewesen, Nutzern den Kontakt zu Facebook-Freunden auf den anderen Plattformen zu ermöglichen. Sie seien auch lediglich nach einer Anmeldung aktiviert worden, hieß es in einem Blogeintrag am Mittwoch.

Das klinge „nur noch hohl“, sagte der digitalpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Jens Zimmermann: „Es bestätigt unsere Vermutung, dass all das, was wir bislang über den Datenskandal bei Facebook wissen, lediglich die Spitze des Eisbergs darstellt.“

Laut NYT stammen die belastenden Dokumente aus einem internen System Facebooks, das die Geschäftspartnerschaften im Jahr 2017 protokolliert haben soll. Diese Protokolle sollen zeigen, welche Praktiken das soziale Netzwerk beim Datenaustausch hat.

Die Apps der betroffenen Unternehmen, darunter auch Unterhaltungswebsites oder Autobauer, hätten jeden Monat die persönlichen Daten von Millionen Nutzern durchsucht. Die Facebook-Partnerschaften mit den Firmen, von denen die ältesten bis ins Jahr 2010 zurückreichen, wären alle bis 2017 aktiv gewesen, manche von ihnen auch noch in diesem Jahr.

Facebook bestätigte, dass die entsprechenden Schnittstellen zum Teil noch 2017 verfügbar gewesen seien, obwohl der Datenzugang eigentlich 2014 eingestellt wurde. Das hätte nicht passieren dürfen, räumte der zuständige Manager Konstantinos Papamiltiadis ein. Facebook habe aber keine Hinweise darauf, dass es Datenmissbrauch nach dem Ende des Programms gegeben habe. Das Onlinennetzwerk nannte auch die New York Times selbst in der Liste der Partner, bei denen es eine Verknüpfung mit Facebook-Daten gab.

Die NYT berichtete auch, dass Facebook von Partnern wie Amazon, Yahoo oder dem chinesischen Smartphone-Anbieter Huawei Daten wie zum Beispiel Kontaktlisten erhalten habe, die dann für Freundschaftsvorschläge genutzt worden seien. Noch 2017 hätten unter anderem Sony, Microsoft und Amazon E-Mail-Adressen von Facebook-Nutzern über ihre Freunde abrufen können. Netflix und Spotify bekamen dem Blatt zufolge das Recht eingeräumt, private Nachrichten von Nutzern zu schreiben, zu lesen und zu löschen. Die Streaming-Anbieter erklärten, dies sei ihnen nicht bewusst ge­wesen. Sinan Recber