Rudolf Balmer über Macrons Annäherungsversuch an die Gilets jaunes
: Grandios gescheitert

Seit dem Jahresende gibt sich die französische Staatsführung gesprächsbereit. Weil das unartige Volk mit den gelben Warnwesten das Gefühl hat, dass niemand auf seine Beschwerden und Forderungen hört, soll eine landesweite Debatte stattfinden, bei der jeder sich zu Wort melden dürfe. Anschließend, so versprach die Regierung, werde den Vorschlägen Rechnung getragen, womöglich sogar mit einer Volksabstimmung. Was könnten sich die Unzufriedenen mehr wünschen?

Auch Präsident Emmanuel Macron hat auf die von ihm persönlich angekündigte „Große Debatte“ gesetzt, um endlich aus der Krise herauszukommen. Debattieren schadet nie, und vielleicht ließe sich so Zeit gewinnen und würden sich die Gemüter beruhigen.

Für beide Seiten hat sich nun aber die Hoffnung bereits zerschlagen, bevor es losging. Schuld ist die Improvisation bei der Vorbereitung, die den Verdacht erweckte, dass die Staatsführung nie ernsthaft daran interessiert war, die Meinung der Bürger zu erfahren. Ohne Rücksprache wurde eine ehemalige Ministerin, Chantal Jouanno, als Cheforganisatorin der Debatte eingesetzt. Sie bekam die Vorgabe, dass nicht wirklich über alles debattiert werden könne, sondern lediglich im Rahmen von vier – von der Regierung definierten – Themenschwerpunkten. Trotzdem sollte Jouanno für eine unabhängige Leitung und Auswertung bürgen. Dann aber kam heraus, dass sie für die Schiedsrichterrolle mit 14.666 Euro monatlich sehr großzügig honoriert wird. Das schockierte – und machte sie so unglaubwürdig, dass sie umgehend zurücktrat. Sie wurde zum Symbol der Unfähigkeit und des mangelnden Willens der Staatsmacht, eine faire Debatte zu garantieren.

Unisono meinen jetzt die Oppositionsparteien von links und rechts, nach diesem wirklich unnötigen Skandal könne die Regierung ihre Debatte noch vor Beginn am 15. Januar beerdigen. In den Reihen der Gilets jaunes wird sie ohnehin als „Alibiübung“ oder „Maskerade“ zum Vertrösten auf übermorgen abgetan. Die Chance auf einen aufrichtigen Dialog ist vertan.