Krieg in Syrien: Assad kommt Erdoğan zuvor

Die syrische Armee marschiert in die von Kurden besetzte Stadt Manbidsch ein. Die Entscheidungen über Syriens Zukunft fallen in Moskau.

Kämpfer der kurdischen JPG am Freitag in Mandbidsch

Kämpfer der kurdischen YPG am Freitag in Mandbidsch Foto: ap

ISTANBUL taz | Mit einem Schachzug des Assad-Regimes hat am Freitag der Kampf um die bislang von der kurdischen YPG und der US-Armee kontrollierten Gebiete im Osten Syriens begonnen. Nach einem angeblichen Hilferuf der kurdischen Miliz YPG an die Regierung in Damaskus, sind am Vormittag Truppen des Assad-Regimes kampflos in den Ort Manbidsch am Euphrat einmarschiert. Im türkischen Fernsehen sind Bilder zu sehen, wie Panzer der syrischen Armee in die Stadt rollen. Im Zentrum wurde die syrische Flagge gehisst.

Manbidsch ist bereits seit mehr als zwei Jahren ein Schlüsselort im Kampf um Einflussgebiete in Syrien. Manbidsch bildete bis jetzt einen Brückenkopf der kurdischen YPG-Miliz auf der westlichen Seite des Euphrats. Ihr eigentliches Gebiet liegt östlich des Euphrats entlang der türkischen Grenze bis zur irakischen Grenze.

Die kurdische Miliz hatte dieses Gebiet mit den US-Truppen vom IS zurückerobert. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğğan hatte die USA immer wieder aufgefordert, dafür zu sorgen, dass die YPG sich auf die östliche Seite des Euphrat zurückzieht und mit der Türkei verbündete syrische Milizen der Freien Syrischen Armee den Ort übernehmen können.

Mit der Türkei verbündete Milizen und türkische Truppen waren deshalb seit Anfang der Woche vor Manbidsch aufmarschiert, um den Ort zu übernehmen, sobald die US-Soldaten sich von dort, wie von US-Präsident Trump angekündigt, zurückgezogen haben. Dieser zwischen Trump und Erdoğan vereinbarten Übergabe ist nun Assad zuvorgekommen.

Suche nach neuen Verbündeten

Vorausgegangen waren Verhandlungen der politischen Vertreter der Kurden in Damaskus und Moskau. Für die Kurden war klar, dass sie sich nach der amerikanischen Ankündigung, Syrien zu verlassen, nach neuen Verbündeten gegen die Türkei umsehen mussten. Nach Lage der Dinge kamen dafür nur das Assad-Regime und Russland infrage.

Die Kurden wollen erreichen, dass Russlands Präsident Wladimir Putin ihnen für den Fall, dass sie die von ihnen kontrollierten Gebiete wieder an Assad zurückgeben, weiterhin ihre Selbstverwaltung garantiert. Nach Informationen der türkischen Regierung, die am Freitag im Staatsfernsehen verbreitet wurden, waren hochrangige Kurdenvertreter in den vergangenen zwei Tagen in Moskau. Offenbar hat Putin ihnen Hoffnungen gemacht, weshalb sie nun erst einmal ihren Brückenkopf westlich des Euphrats an das Assad-Regime zurückgegeben haben.

Unklar ist noch, ob alle amerikanischen Soldaten – es sollen rund 200 in Manbidsch stationiert gewesen sein – die Stadt bereits verlassen haben. Doch selbst wenn nicht, wird dies sicher in den nächsten Tagen geschehen. Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu hatte vor einigen Tagen erklärt, auch wenn syrische Regierungstruppen wieder in die jetzt von Kurden kontrollierten Gebiete einrücken würden, sei für sie das „Terrorproblem“ nicht gelöst. Die YPG müsse sich aus einer Pufferzone an der Grenze völlig zurückziehen.

Çavuşoğlu wird nun an der Spitze einer türkischen Delegation am Samstag nach Moskau reisen. Erdoğan drängt auf ein persönliches Treffen mit Putin, das aber bislang noch nicht verabredet ist. Nach dem Rückzug Trumps aus Syrien fallen nun die Entscheidungen über die Zukunft des Landes vor allem in Moskau.

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