wie machen sie das?
: Die Erklärerin

Julia Bender-Helfenstein, 38, arbeitet freiberuflich als Museumspädagogin, unter anderem im Jungen Museum Frankfurt.

taz am wochenende: Frau Bender-Helfenstein, Sie müssen Kinder bei Laune halten, während Sie komplexe Themen erklären. Wie machen Sie das?

Julia Bender-Helfenstein: Indem ich möglichst viele Sinne anspreche und den Museumsbesuch abwechslungsreich gestalte. Vorträge zu halten ist eine ganz schlechte Idee, da schalten die Kinder nach spätestens 15 Minuten ab. Wenn ich sie einbeziehe, sie Dinge anfassen lasse und nach ihren Empfindungen frage, dann bleiben sie dabei.

Museum zum Anfassen – wie geht das?

Wir haben im Jungen Museum zum Beispiel eine Kopie der Goldenen Bulle. Das ist das wichtigste Verfassungsdokument des Heiligen Römischen Reiches. Die Kinder können ausprobieren: Wie sieht das aus, wie fühlt sich das an, wie riecht es, macht es Geräusche? Und ich erkläre, was darin steht.

Aber ist das Mittelalter nicht viel zu weit weg?

Ich versuche, das in die heutige Zeit zu übertragen. Damals hat der Kaiser über viele Fürstentümer regiert. Heute gibt es Deutschland mit seinen verschiedenen Bundesländern. Das Prinzip ist ähnlich und näher am Alltag der Kinder dran.

Angela Merkel, die Kaiserin von heute?

Solche Missverständnisse räume ich natürlich aus. Ich frage die Kinder, was denn anders ist. Sie wissen, dass unsere Kanzlerin demokratisch gewählt und nicht von Gott eingesetzt und dann gekrönt wird, wie das im Mittelalter der Fall war. Dann kann ich auch erklären, dass wir heute Religion und Politik trennen.

Wie können die Kinder noch mitmachen?

Wir spielen zum Beispiel die Kaiserkrönung nach. Die Kinder verkleiden sich, und wir ziehen zusammen vom Dom zum Römer, wo früher das Krönungsfest stattfand.

Klappt das auch mit Erwachsenen?

Auch für Erwachsene ist es super, wenn sie einbezogen werden. Aber sie sind oft irritiert, weil sie das nicht gewohnt sind. Dabei ist es für alle Museumsbesucher bereichernder, sich auszutauschen und Dinge zu erleben, statt nur Vorträge zu hören.

Gibt es da insgesamt eine Tendenz?

Es gibt zum Beispiel das Deutsche Auswandererhaus Bremerhaven. Dort kann man die Stationen der damaligen Auswanderer nacherleben. Auch in vielen Freilichtmuseen können Erwachsene Dinge ausprobieren und der Geschichte nachspüren. Museen werden zugänglicher – weg vom Tempel für Einzelne, hin zum Bildungsort für alle. Viele Museen verfassen ihre Texte mittlerweile in einfacher Sprache. Das können dann auch Kinder verstehen und Menschen, die nicht so gut Deutsch sprechen.

Interview:Christina Spitzmüller