Gedenken an den Holocaust: AfD in Gedenkstätte unerwünscht

Die Stiftung Buchenwald verbittet sich AfD-Teilnehmer. Außenminister Maas warnt: „Erinnerungskultur steht unter Druck von extremen Rechten.“

Gedenktafel mit Blumen und dem Wort "Mahnen"

Am 27.1. wurde der Opfer des Holocaust gedacht. In der Gedenkstätte Buchenwald ohne die AfD Foto: dpa

BERLIN taz | Aus Anlass des Holocaust-Gedenktags am Sonntag hat Außenminister Heiko Maas (SPD) vor dem Eindringen von revanchistischem Gedankengut in das deutsche Geschichtsverständnis gewarnt. „Unsere Erinnerungskultur bröckelt, sie steht unter Druck von extremen Rechten“, schrieb Maas in der Welt am Sonntag. Umso gefährlicher sei das Unwissen gerade junger Deutscher. „40 Prozent wissen nach eigener Einschätzung kaum etwas über den Holocaust. Das sind schockierende Zahlen, die wir nicht tatenlos hinnehmen dürfen“, schrieb Maas.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) rief zum 74. Jahrestags der Befreiung von Auschwitz dazu auf, keinerlei Toleranz gegenüber Antisemitismus und Hass zu zeigen. „Dieser Tag lässt uns daran erinnern, was Rassenwahn, Hass und Menschenfeindlichkeit anrichten können“, sagte sie in ihrem wöchentlichen Video-Podcast.

Bei der Gedenkveranstaltung für die Opfer des Naziterrors in der Gedenkstätte Buchenwald war am Freitag die Thüringer AfD-Fraktion ausgeladen worden. Zuvor hatte die Gedenkstättenstiftung erklärt, sie halte es für geboten, „dass Vertreter der AfD an einer Gedenkveranstaltung an diesem Ort nicht teilnehmen, solange sie sich nicht glaubhaft von den antidemokratischen, menschenrechtsfeindlichen und geschichtsrevisionistischen Positionen in ihrer Partei distanzieren“.

Auf der Veranstaltung sagte der Sprecher der Stiftung Buchenwald und Mittelbau Dora, Rikola-Gunnar Lüttgenau: „Wir trauern hier mit den Überlebenden, nicht mit denen, die versuchen, die Erinnerung zu verwischen.“ AfD-Chef Jörg Meuthen sagte zu der Ausladung seiner Parteifreunde, es sei „tief erschütternd“, wie das Gedenken „für den heutigen politischen Kampf“ missbraucht werde.

Schon 2017 hatte die Gedenkstätte dem Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke Hausverbot erteilt. Der hatte in Dresden mit Blick auf das Holocaust-Mahnmal in Berlin von einem „Denkmal der Schande“ gesprochen. Darauf bezog sich jetzt Stiftungsdirektor Volkhard Knigge. Er schrieb an die AfD-Abgeordneten in Erfurt, Höcke halte bis heute an seiner Äußerung fest. „Wer sich nicht glaubhaft gegen solche Positionen und das damit verbundene verharmlosende, relativierende Geschichtsbild wendet, unterstützt sie.“

Der Historiker Götz Aly sprach im Thüringer Landtag auch vor der AfD

Am Vortag hatten die Thüringer AfD-Abgeordneten eine Rede des Historikers Götz Aly aushalten müssen. Aly sagte während der Gedenkstunde im Landtag, es gebe Parallelen zwischen der NS-Ideologie und Äußerungen von Höcke. Aus dem nationalen Sozialismus und der Volksgemeinschaft der NSDAP werde bei Höcke der solidarische Pa­triotismus.

Anders als bei der Gedenkstunde im Bayerischen Landtag am vergangenen Mittwoch verließen die AfD-Abgeordneten während Alys Rede nicht den Saal. Ihr parlamentarischer Geschäftsführer Stefan Möller erklärte anschließend, Aly habe die Chance zur Versöhnung mit Füßen getreten.

Die frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, wird nach dem AfD-Eklat im Bayerischen Landtag ­inzwischen massiv bedroht. „Seitdem erreichen mich beinahe im Minutentakt wüste Beschimpfungen, Drohungen und Beleidigungen per E-Mail und Telefon“, sagte sie. Knobloch hatte die AfD als verfassungsfeindlich ­kritisiert. Die AfD-Fraktionschefin Alice Weidel schrieb auf Twitter, Knobloch habe sich „entblödet“, die Gedenkveranstaltung für Parteipolitik zu missbrauchen.

Der Bundestag wird am Donnerstag der Opfer der NS-Herrschaft gedenken. Dazu spricht der Holocaust-Überlebende und Historiker Saul Friedländer, der, 1932 geboren, die NS-Zeit versteckt in Frankreich überlebte.

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