Anja Krüger über die gescheiterte Fusion von ICE und TGV
: Ein richtiger Zug der EU

Eine Fusion des deutschen ICE und des französischen TGV – das mag BahnkundInnen attraktiv erschienen sein. Viele werden sich davon einen Schub für bessere und zuverlässigere Züge versprochen haben. Doch die EU hat die Pläne für die Fusion der Bahnsparten des deutschen Technologiekonzerns Siemens und des französischen Herstellers Alstom untersagt. Das ist gut.

Das zentrale Argument von PolitikerInnen und ManagerInnen für den Zusammenschluss war ohnehin nicht das der BahnfahrerInnen, sondern die Marktmacht. Man brauche das neue Unternehmen, um der drohenden Konkurrenz aus China in Europa Paroli bieten zu können, hieß es. Es mag durchaus sinnvoll sein, dass sich die EU gegen die mächtige, staatlich subventionierte Konkurrenz aus China wappnet. Doch das ist in diesem Fall ein Vorwand. Denn um eine europäische Lösung ging es gerade nicht. Die deutsche und die französische Regierung wollten die Fusion, weil sie die Dominanz eines gemeinsamen Unternehmens in Europa und auf anderen Märkten wollen.

Siemens und Alstom sind die größten Eisenbahnbauer in der EU. Aber sie sind nicht die einzigen. Früher oder später hätte der Mega-Zugbauer die Konkurrenz in der Nachbarschaft vom Markt verdrängt. Nach dem Scheitern der Fusion sind die Chancen höher, dass sich Hersteller aus verschiedenen Ländern zu europäischen Konsortien zusammenschließen und gemeinsam auf den Märkten der Welt aktiv werden. Die ICE-TGV-Konnektion hätte die Gewichte weiter zugunsten Deutschlands verschoben. Dabei braucht die EU eines ganz gewiss nicht: eine noch stärkere deutsche Industrie. Denn die macht mit ihren Exporten schon jetzt viel zu viele Arbeitsplätze in anderen EU-Staaten zunichte, etwa im krisengeschüttelten Spanien.

Dort gibt es leistungsfähige Eisenbahnbauer. Bei einem hat die Deutsche Bahn gerade neue Züge bestellt. BahnkundInnen kann es freuen, wenn es beim Einkauf eine Alternative zu Siemens gibt. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass neue Züge künftig pünktlicher geliefert werden.

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