Kolumne Geht's noch?: Dann doch lieber ins Büro

Die SPD will ein Recht auf mobiles Arbeiten und Homeoffice durchsetzen. Klingt toll. Doch das Zuhausebleiben verleitet.

Ein Laptop steht auf dem Bett

Wer nebenbei Privates erledigen kann, muss Berufliches verschieben Foto: Gene Bautista/Unsplash

Es klingt so schön romantisch: Einen Arbeitstag in der Woche nicht frühmorgens aus dem Haus müssen und ins Büro rennen. Sich stattdessen gleich nach dem Frühstück an den Schreibtisch setzen, noch im Schlafanzug, und ungestört arbeiten. Zwischendurch die Waschmaschine anmachen und anderen Privatkram erledigen. Das verspricht das Homeoffice.

Die SPD will, dass alle in den Genuss des häuslichen Arbeitens kommen. Laut eines Strategiepapiers will die Partei das „Recht auf mobiles Arbeiten und Homeoffice gesetzlich verankern“. Das berichteten die Zeitungen der Funke Mediengruppe am Donnerstag. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollen so „von den digitalen Vorteilen profitieren können.“ Bis zu 40 Prozent der Beschäftigten in Deutschland könnten theoretisch per Internet von zu Hause aus arbeiten, schätzt die SPD. Aber nur 12 Prozent bekämen bislang ihren Wunsch nach flexibler Arbeit vom Arbeitgeber erfüllt.

Doch eine kürzlich vom Wirtschaftsministerium vorgelegte Studie zeigt die problematische Seite des Zuhausearbeitens: Nur 44 Prozent der Befragten mit einem Bürojob bekamen von ihrem Arbeitgeber ein Laptop gestellt, nur 25 Prozent ein Smartphone und 14 Prozent Kollaborationstools zum gemeinsam Arbeiten. Wer im Home­office bleiben will, muss meist die eigenen Geräte nutzen. Die dienstlichen E-Mails erscheinen dann direkt neben den WhatsApp-Nachrichten der Eltern und Kinder. Man sollte sich das also gut überlegen: Ein „Recht auf Home­office“ kann nur funktionieren, wenn damit ein Recht auf ein Diensthandy verbunden ist.

Noch schlimmer: Der Vorteil des Homeoffice ist zugleich sein größter Nachteil. Wer nebenbei Privates erledigen kann, muss Berufliches verschieben. Zwischendurch in der Wohnung staubsaugen, zum Geburtstagskaffee bei Oma gehen oder die Kinder von der Kita abholen können ist toll. Man kann das eigene Leben besser mit dem Beruf vereinbaren.

Aber das minimiert ja nicht die Arbeitsbelastung. Eher führt es dazu, dass man vor dem Schlafengehen noch einmal die Dienstmails liest. Und wer will schon die Nachricht des Chefs mit ins Bett nehmen? So verschwinden die Ruhephasen, das Arbeiten wird ­entgrenzt. Home­office heißt schlimmstenfalls, pausenlos verfügbar sein und nie abschalten können. Wenn die Wohnung zum Büro wird, dann wartet der Schreibtisch nur darauf, dass man ­arbeitet.

Dann doch lieber morgens ins Büro pendeln und abends nichts tun.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Ich berichte über Politik, insbesondere LGBTI, Menschenrechte, soziale Bewegungen. Gern auch investigativ.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.