Sicherheitskonferenz in München: „Bayrischer Hof“ ausgebucht

So viele TeilnehmerInnen wie nie, aber auch viel Konfliktstoff: Am Freitagnachmittag startet die Münchner Sicherheitskonferenz.

Polizisten stehen vor dem Hotel „Bayerischer Hof“ in München

4.400 PolizistInnen im Einsatz: die Münchner Sicherheitskonferenz Foto: dpa

Eigentlich ist die Gesprächsbereitschaft in der internationalen Politik derzeit so gering wie seit Jahrzehnten nicht. Die Organisatoren der Münchner Sicherheitskonferenz (Siko) aber vermelden entgegen dem Trend so großen Zulauf wie nie zuvor. „Wir werden am kommenden Wochenende zahlenmäßig und auch von der inhaltlichen Bedeutung her die wichtigste und größte Sicherheitskonferenz erleben, die wir bisher die Ehre hatten zu organisieren“, sagte Konferenzleiter Wolfgang Ischinger am Montag bei der Präsentation des Programms in Berlin.

Die Konferenz, die traditionell im Februar stattfindet, ist weltweit eine der größten für außenpolitische und militärische Fragen. Für dieses Jahr rechnen die VeranstalterInnen insgesamt mit rund 600 TeilnehmerInnen, darunter 35 Staats- und RegierungschefInnen und 80 Außen- und VerteidigungsministerInnen.

Entsprechend groß sind die Sicherheitsvorkehrungen rund um den Tagungsort Bayerischer Hof. Die Münchner Innenstadt befindet sich das ganze Wochenende über im Ausnahmezustand. Rund 4.400 PolizistInnen aus dem gesamten Bundesgebiet und 40 Tonnen Absperrgitter sind im Einsatz.

Die Themen der Tagung bergen reichlich Konfliktstoff. Die Palette reicht von der Aufkündigung des INF-Abrüstungsvertrages durch die USA und Russland über die Krisenherde Nahost und Afghanistan bis zu dem massiven Druck der USA, das Iran-Abkommen zu sprengen – inklusive der aktuellen Kriegsdrohungen an Iran. Auch die Nato-Verteidigungsausgaben sorgen weiter für Streit. Das transatlantische Bündnis bröckelt. „Wir haben es mit dem Phänomen des ordnungspolitischen Zerfalls zu tun“, beschreibt Wolfgang Ischinger die Gemengelage.

„Großartiges Signal“

Am Freitagnachmittag werden die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und ihr britischer Amtskollege Gavin Williamson gemeinsam die Siko eröffnen. Aus Berlin reist das halbe Kabinett an. Bundeskanzlerin Angela Merkel bringt neben von der Leyen auch noch Außenminister Heiko Maas, Finanzminister Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Peter Altmaier und Gesundheitsminister Jens Spahn mit. Ebenso haben sich mehr als 45 Bundestagsabgeordnete aller Fraktionen angemeldet.

Die Teilnahme der Präsidententochter Ivanka Trump erwähnt Ischinger nicht

Die US-Delegation wird Vize­präsident Mike Pence anführen. Mit dabei ist auch der geschäftsführende Verteidigungsminister Patrick Shanahan. Statt Vertretern der Trump-Regierung hebt Konferenzleiter Ischin­ger aber besonders amerikanische Abgeordnete hervor: Es sei ein „großartiges Signal“, dass sich aus dem Kongress doppelt so viele TeilnehmerInnen angemeldet hätten wie in den vergangenen Jahren, darunter erstmals die Demokratin Nancy Pelosi. Die Teilnahme der Präsidententochter Ivanka Trump erwähnt Ischinger dagegen nicht.

Aus Staaten jenseits von EU und Nato haben sich unter anderem die Präsidenten Petro Poroschenko (Ukraine) und Paul Kagame (Ruanda) angekündigt. Aus China kommt Politbüro-Mitglied Yang Jiechi. Die Teilnahme eines so hochrangigen Chinesen ist laut Ischinger eine Premiere.

Einige Absagen musste er aber auch verkraften: Frankreichs Präsident Macron und Israels Ministerpräsident Netanjahu haben beide ihre Teilnahme gestrichen. Russland wird nach dem Scheitern des INF-Vertrags über die Begrenzung von Atomwaffen zwar im Mittelpunkt der Konferenz ­stehen, statt Präsident Putin oder Ministerpräsident Medwedjew wird aber nur Außenminister Lawrow erscheinen. Auch zur Diskussion über das iranische Atomprogramm wird nur Außenminister Sarif teilnehmen.

Platz für gute Geschäfte

Zwar werden die mehr als 100 führenden RegierungsvertreterInnen aus aller Welt das mediale Bild der Konferenz prägen. Hinzu kommen allerdings wieder zahlreiche hochrangige Militärs sowie mehrere Dutzend Vorstandschefs großer Konzerne. Denn bei der Tagung geht es jenseits des offiziellen Programms auch stets um gute Geschäfte. Gerade für die Rüstungsindustrie ist die Sicherheitskonferenz ein formidabler Ort zur Geschäftsanbahnung. Das lässt sie sich auch etwas kosten: Waffenschmieden wie Krauss-Maffei Wegmann, MBDA, Raytheon, Hensoldt oder Lockheed Martin gehören auch in diesem Jahr zu den Sponsoren der Veranstaltung.

Seit 1963 gibt es die Tagung in der bayrischen Landeshauptstadt, die sich damals noch „Internationale Wehrkunde-Begegnung“ nannte. Nicht nur in ihren Anfangszeiten stark geprägt vom Kalten Krieg, war sie nie unumstritten. Als halboffizielles Forum für westliche geopolitische GroßerzählerInnen und RüstungslobbyistInnen stößt sie bis heute bei Friedensbewegten auf heftige Kritik.

So wird die Siko auch in diesem Jahr wieder von zahlreichen Gegenaktionen begleitet. Dazu gehört eine „Internationale Friedenskonferenz“, die von Freitag bis Sonntag im Alten Rathaus und im DGB-Haus in München stattfinden wird, vor allem jedoch die traditionelle Demonstration des „Ak­tionsbündnisses gegen die Nato-‚Sicherheits'konferenz“. Die OrganisatorInnen gehen von bis zu 4.000 TeilnehmerInnen aus, die am Samstag unter dem Motto „Frieden statt Aufrüstung! – Nein zum Krieg!“ durch die Münchner Innenstadt ziehen werden.

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