Hotelbau in Kreuzberg: Gemeinwohl statt Hostel-Hotel

Anwohner protestierten gegen einen Hotelkomplex in Kreuzberg. Nun kündigt Baustadtrat Florian Schmidt an, dass dieser nicht gebaut wird.

Mehrere hundert Menschen protestierten am 9. Februar gegen den Bau eines Hostels in Kreuzberg Foto: Christian Mang

Ein umstrittenes Bauvorhaben in Kreuzberg scheint verhindert: Auf dem Grundstück an der Skalitzer Straße Ecke Mariannenstraße war ein Hotel-Hostel-Komplex geplant. Der Bauherr Pro36 Area GmbH, Tochtergesellschaft der Ideal Lebensversicherung, wollte einen zehnstöckigen Komplex mit 750 Betten sowie eine Shopping-Mall bauen. Die Initiative „NoHostel36“ hatte Protest gegen das Bauvorhaben organisiert.

Nun twitterte Florian Schmidt, grüner Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, am vergangenen Freitag: „Durchbruch bei Gesprächen mit Idealversicherung“. Am Sonntag verbreitete er eine gemeinsame Stellungnahme des Bezirks und des Versicherungsunternehmens: Beide Seiten hätten sich mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung geeinigt, dass der Eigentümer „anstatt des geplanten Hotel- und Hostelgebäudes mit großflächigem Einzelhandel ein Bürogebäude mit kleineren Ladeneinhei­ten im Erdgeschoss bauen wird“.

Zudem beabsichtige das Unternehmen, „die Flächen bevorzugt im Bezirk bereits ansässigen Unternehmen, u. a. auch Unternehmen mit gemeinwohlorientierten und sozialen Ansätzen anzubieten“. Von der Ideal-Versicherung selbst war am Sonntag keine eigene Stellungnahme zu bekommen.

Schmidt sagte der taz, dass er „nicht überrascht, aber glücklich“ über die Vereinbarung sei. Mit der Ideal-Versicherung sei er seit „mindestens einem halben Jahr“ in Gesprächen über die schon länger angedachte Alternative gewesen. Der Eigentümer, der die Fläche samt der Baugenehmigung für ein Hotel gekauft habe, habe ursprünglich ohnehin einen Bürokomplex bauen wollen, so Schmidt.

Aktivist von „NoHostel36“ ist skeptisch

Die Ideal-Versicherung stehe nun mit potenziellen Mietern, darunter einer Stiftung, in Kontakt. Vermietet werden soll an bereits in Kreuzberg ansässige und teils von Verdrängung bedrohte Mieter. „An diesem Vorhaben werden wir uns messen lassen“, so Schmidt. Über den Protest sagte er: „Dadurch habe ich mich noch intensiver darum gekümmert, dass es hier zu einer schnellen Lösung kommt.“

David Schuster von „NoHostel36“ ist jedoch nicht ganz so erleichtert wie Schmidt. Gegenüber der taz beklagte er sich über die Intransparenz im Umgang mit dem Bauvorhaben. „Es ist alles etwas unklar“, sagte er. Schuster betonte, dass Anwohner bisher nicht beteiligt wurden und dass dies auch weiterhin nicht absehbar sei.

David Schuster, Aktivist

„Wenn es Gewerbeflächen für 25 Euro pro Quadratmeter sind, dann sagen wir nicht hurra“

Mit der nun angekündigten Alternative gibt er sich nicht zufrieden, weil er sich vor hohen Mieten fürchtet: „Wenn es Gewerbeflächen für 25 Euro pro ­Quadratmeter sind, dann sagen wir nicht hurra.“ Seine Initiative werde den weiteren Prozess ­„kritisch begleiten“. Weiterer Protest ist also nicht auszuschließen.

Baustadtrat Schmidt kündigte seinerseits eine „Hotelpräventionsstrategie“ des Bezirks an: „In Friedrichshain-Kreuzberg gibt es kaum noch Ecken, in denen Hotels verträglich sind.“ Sein Bezirk werde an einer Bestandsaufnahme von Bauvorhaben arbeiten, die helfen soll, früh genug mit Eigentümern zu sprechen und Bürger zu informieren.

Der Fall in der Skalitzer Straße erinnert an das Scheitern des Google-Campus im Kreuzberger Umspannwerk. Nach massiven Protesten hatte der Konzern seine Pläne dafür im Oktober aufgegeben.

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