Kolumne American Pie: Allstars im Angebot

Die Vorbereitung auf die Baseballsaison läuft. Noch immer haben etliche Vorzeigespieler keinen Vertrag. Die Zeit der Megadeals ist dennoch nicht vorbei.

Ein Mann in Uniform zeigt mit der Hand auf etwas

Bryce Harper wüsste gerne, in welche Richtung es für ihn in der nächsten Saison gehen wird. Foto: ap

Der Frühling hat begonnen. Zumindest in Florida und in Arizona, zumindest im Baseball. Seit ein paar Tagen trudeln nun langsam alle 30 Mannschaften der Major League Baseball (MLB) ein, um sich in Trainingslagern auf die Saison vorzubereiten. Schon Donnerstag steigt das erste Testspiel zwischen den Seattle Mariners und den Oakland A’s, denen noch viele mehr folgen werden, bevor die Saison am 28. März dann beginnt.

Doch bevor es soweit ist, werden nun in vergleichsweise kleinen Stadien Bälle geworfen und Bälle geschlagen, Gewichte werden gestemmt und Dauerläufe absolviert – und vor allem wird sehr viel gesprochen über Abwesende. Denn während knapp 2.000 Profis um einen Platz im Major-League-Kader ihres Klubs kämpfen, fehlen einige prominente Namen. Während die Kollegen in der Frühlingssonne schwitzen, haben Bryce Harper oder Manny Machado noch überlegen müssen, wo sie einen neuen Vertrag unterschreiben sollen. Und für wie viel Geld.

Machados Überlegungen scheinen nun ein Ende gefunden zu haben. Der 26-Jährige soll ersten Meldungen der TV-Senders ESPN zufolge einen Zehnjahresvertrag über 300 Millionen US-Dollar bei den San Diego Padres unterschreiben. Dies wäre der größte Free-Agent-Contract in der Geschichte des US-Sports.

Noch vor ein Tagen schien es, als sei die Zeit der Megadeals in der Baseball-Liga vorbei. Tatsächlich gab es das noch nie: zwei dermaßen gute Spieler zu diesem späten Zeitpunkt noch auf Vereinssuche. Der 26-jährige Harper hat die letzten sieben Jahre für die Washington Nationals gespielt, wurde sechs Mal zum Allstar-Spiel eingeladen und gilt nicht nur als Ausnahmetalent seiner Generation, weil kaum jemand sonst solch spektakuläre Homeruns schlägt, sondern aufgrund seiner schillernden Persönlichkeit auch als vermarktbarstes Gesicht, das der Baseball zu bieten hat.

Auch Machado ist wahrlich kein Schlechter. Ebenso alt wie Harper steht der viermalige Allstar aus der Dominikanischen Republik im Zenit seiner Leistungsfähigkeit. Weil er ein herausragender Verteidiger ist, halten ihn einige sogar für den aktuell besseren Spieler als Harper.

Merkwürdiges Desinteresse

Seltsam ist es aber allemal, dass es es so lange gedauert hat, bis einer der beiden einen Vertrag angeboten bekommen hat. Seit fast vier Monaten wurde hinter den Kulissen verhandelt und davor spekuliert. Noch vor wenigen Jahren hätten vor allem die traditionsreichsten und umsatzstärksten Klubs wie die New York Yankees, Los Angeles Dodgers oder Boston Red Sox Schlange gestanden, um Spieler solch eines Kalibers zu verpflichten. Doch diese Zeiten sind vorbei: Statt New York oder L.A. sind eher durchschnittliche Teams in kleineren Märkten im Gespräch mit den beiden Stars. Und tatsächlich – Machado ist bei den Padres gelandet, Harper, so die neuesten Gerüchte, könnte am Freitag bei den Philadelphia Phillies unterschreiben.

Die beiden sind aber nur die Posterboys eines Trends. Immer noch sind gut zwei Dutzend verdiente Profis ohne Vertrag. Es geht – natürlich – ums Geld. 300 Millionen Dollar für zehn Jahre, was Machado da ausgehandelt hat, dürfte in den Augen etlicher Beobachter als nicht unbedingt zeitgemäß angesehen werden. 300 Millionen Dollar – das ist lange nicht so wahnsinnig, wie es erst einmal klingt: Im vergangenen Jahr unterschrieb Giancarlo Stanton bei den Yankees für 13 Jahre und 325 Millionen. Schon 2008 bekam der mittlerweile als Doper geständige Alex Rodriguez vom selben Verein 275 Millionen für zehn Jahre.

Doch die Zeiten haben sich geändert. Auch beim Branchen­krösus aus New York sitzt das Geld lange nicht mehr so locker. Nicht, dass es keins gäbe: Die MLB geht es so gut wie nie, die Liga macht jährlich über zehn Milliarden Dollar Umsatz. Aber die Teams, auch die reichsten, setzen immer mehr auf avancierte Datenanalyse, wenn sie ihre Kader zusammenstellen. Und diese Daten sagen: Ein einzelner Superstar gewinnt keine Titel. Erfolgversprechender ist es, mit demselben Geld mehrere gute Akteure einzukaufen.

Den Spielern, vor allem den allerbesten, die von einem Wettbieten zwischen den Klubs am meisten profitieren, gefällt das gar nicht. „Das System ist im Arsch“, twitterte Justin Verlander. Der Star-Pitcher, der bei den Houston Astros über 25 Millionen pro Saison verdient, wurde noch deutlicher. Das lauwarme Interesse an Harper und Machado sei „BS“, also „bullshit“. Er dürfte den Machado-Deal mit Genugtuung betrachten.

Die Spieler, die ob der Zurückhaltung der Klubs schon eine Verschwörung gewittert haben, können sich nun erst einmal zurücklehnen. Tatsächlich sind Absprachen unter den Klubbesitzern verboten, aber kommen immer wieder vor. In den 80ern wurden Besitzer schon einmal verurteilt, seitdem gab es immer wieder Gerüchte. Noch mehr, worüber man während des Springtrainings reden kann.

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