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: Politisches Patt in der Republik Moldau

Die Parlamentswahl bringt keinen Sieger hervor, die Parteien beschuldigen sichgegenseitig des Wahlbetrugs. Die frühere Sowjetrepublik droht ins Chaos abzurutschen

Das Neue

Der Republik Moldau drohen Chaos und Instabilität: Bei den Parlamentswahlen am vergangenen Sonntag hat keine Partei eine klare Mehrheit gewonnen. Nach Auszählung von 98 Prozent der Stimmen erreichte die oppositionelle Sozialistische Partei von Staatspräsident Igor Dodon 31,3 Prozent der Stimmen. Das proeuropäische Bündnis Acum (Jetzt) kam auf 26,1 Prozent, die derzeit regierende Demokratische Partei (PDM) des Oligarchen Wladimir Plachotnjuk auf 26,1 Prozent der Stimmen. Auch sie tritt für eine Hinwendung nach Europa ein. Ebenfalls im neuen Parlament vertreten ist die linkspopulistische Partei des Geschäftsmanns Ilan Shor, die 8,4 Prozent erreichte. Die Wahlbeteiligung lag bei knapp unter 50 Prozent.

Der Kontext

Eins der größten Probleme ist nach wie vor die Korruption. Transparency International listet das Land mit 3,5 Millionen Einwohnern im Korruptionsindex auf Platz 117 von 180. Noch immer laboriert die Republik Moldau an einem Mega-Bankenskandal aus dem Jahre 2014 herum, als fast eine Milliarde US-Dollar aus drei Geldinstituten spurlos verschwand. Derzeit arbeiten rund eine Million MoldauerInnen im Ausland. In Ermangelung von Verdienstmöglichkeiten und Zukunftsperspektiven in einem der derzeit ärmsten Länder Europas steigt die Zahl der AuswanderInnen weiter.

Noch stärker als bei bisherigen Abstimmungen hatte die jüngste Wahl in der ehemaligen Sowjetrepublik Moldau den Charakter einer Richtungsentscheidung zwischen Ost und West. Präsident Dodon setzt sich für eine engere Zusammenarbeit mit Russland ein und will das 2014 geschlossene Assoziierungsabkommen mit der EU nachverhandeln. Demgegenüber streben die europäisch orientierten Parteien einen Beitritt zur Europäischen Union an, der in absehbarer Zeit aber wenig wahrscheinlich ist.

Die Reaktionen

Bereits am Wahlabend bezichtigten sich die Vertreter der drei stärksten Parteien gegenseitig massiver Wahlfälschungen. So soll es beispielsweise bei WählerInnen aus der abtrünnigen, international nicht anerkannten Republik Transnistrien, die mit Bussen in die Republik Moldau gebracht worden waren, zu zahlreichen Fällen von Beeinflussung und Stimmenkauf gekommen sein.

Die Konsequenz

Nicht ausgeschlossen ist, dass es zu Massenprotesten kommt. Das war auch im vergangenen Sommer der Fall, als sich mit Andrej Nastase der Kandidat der Opposition bei den Wahlen für das Bürgermeisteramt in der Hauptstadt Chisinau durchsetzte und das Oberste Gericht die Abstimmung – angeblich wegen unerlaubter Agitation am Wahltag – für ungültig erklärte. Vor allem aber dürfte die Regierungsbildung schwierig werden. Das neu gewählte Parlament hat maximal 45 Tage Zeit, um sich auf eine neue Führungsriege zu verständigen. Sollte dieser Versuch scheitern, muss der Präsident Neuwahlen ansetzen. Igor Dodon hat diese Entwicklung bereits angedeutet. Barbara Oertel