Der Plan bis Freitag

Der neue Sportvorstand von Schalke 04, Jochen Schneider, glaubt an die Trendwende mit Trainer Tedesco und träumt von aggressivem Offensivfußball

Hoffnungsträger: Jochen Schneider soll Schalke 04 wieder auf Kurs bringen Foto: imago

Aus Gelsenkirchen Andreas Morbach

Auf dem Vereinsgelände des FC Schalke 04 herrschte am Dienstag um die Mittagszeit eine ausgesprochen friedliche Stimmung. Der Himmel über dem Berger Feld erstrahlte angemessen in Blau und Weiß, und auf dem Parkplatz direkt vor der Arena lag der Stadionrasen ausgebreitet in der Sonne. Es sah aus, als erhole sich das Geläuf gerade vom vergangenen Wochenende – an dem das Grün vor allem von den Schalker Fußballern bei deren 0:4 gegen Aufsteiger Düsseldorf furchtbar malträtiert worden war. Gestört wurde die heimelige Atmosphäre nur durch den scharfen Wind, der um den blau-weißen Fußballtempel pfiff. Als passender Empfang für Jochen Schneider, der beim abstiegsbedrohten Revierklub seinen ersten offiziellen Auftritt als neuer Sportvorstand hatte.

Das unvorstellbar schlechte Spiel des amtierenden Vizemeisters gegen die Fortuna aus der näheren Nachbarschaft hatte Schneider drei Tage zuvor schon mal live verfolgt. „Das war sehr betrüblich, sehr enttäuschend“, berichtete der gebürtige Schwabe, dessen Hoffnungen auf einen etwas entspannteren Einstand sich in beeindruckender Weise im Nichts auflösten. „Das Schwierige“, weiß Schneider, „ist die sportliche Situation. Es hätte einfacher, hätte schöner sein können. Das ist es aber nicht.“

Und weil das so ist, wartet auf Cheftrainer Domenico Tedesco nach 20 Monaten auf Schalke am Freitag in Bremen sein persönliches Endspiel. „Wir müssen alles in dieses Spiel legen, der nächste Freitag ist ein ganz wichtiger Tag für uns“, betonte Schneider – und machte Tedesco, den er noch aus gemeinsamen Zeiten beim VfB Stuttgart kennt, wenig Hoffnung auf eine weitere Galgenfrist über diesen 8. März hinaus: „Es geht um eine Trendwende, denn der Trend in den letzten Wochen war nicht gut. Deshalb bringt es auch nichts zu sagen: Wir warten die nächsten zwei, drei, vier Spiele ab. Das macht keinen Sinn.“

In Gelsenkirchen drücken sie sich in diesen Tagen die Daumen wund, die zunehmend dramatische Geschichte nach dem freiwilligen Rücktritt von Christian Heidel vor knapp zwei Wochen und dem anschließenden sportlichen Doppel-Desaster in Mainz (0:3) und gegen Düsseldorf irgendwie über die Runden zu bringen. Damit der Klub neben einem neuen Sportdirektor und einem Technischen Direktor, die Schneider ab sofort sucht, nicht auch noch Ausschau nach einem neuen Cheftrainer halten muss.

„Es geht um eine Trendwende, denn der Trend in den letzten Wochen war nicht gut. Deshalb bringt es auch nichts zu sagen:Wir warten dienächsten zwei, drei, vier Spiele ab“

Jochen Schneider

Als Christian Heidel als Manager auf Schalke noch voller Tatendrang war und Tedesco als Cheftrainer gerade frisch an der Angel hatte, stimmte er eine dreiteilige Lobeshymne auf den damals 31-jährigen Deutsch-Italiener an: Tedesco bringe Mannschaften taktisch nach vorne, besitze hohe soziale Kompetenz und sei zudem mit einer großen Kommunikationsbereitschaft gesegnet. Seine ausgeprägte Diskussionsfähigkeit bewies der gebürtige Kalabrier besonders eindrucksvoll nach dem fußballerischen Schock gegen Düsseldorf – als er sich allein vor die aufgebrachten Fans in der Nordkurve stellte.

Die Aktion brachte dem schmalen Übungsleiter Hochachtung in der ganzen Republik ein. Fest steht allerdings auch, dass der wenig attraktive Defensivstil, mit dem Tedesco die Königsblauen in der vergangenen Saison auf Platz zwei führte, nicht das Modell für die Zukunft sein wird. Um den Job auf Schalke antreten zu können, mussten zunächst die Leipziger einwilligen, ihren Leiter des Bereichs Sport und Internationalisierung auf der Zielgeraden der Saison ins Revier ziehen zu lassen. „Sie wissen, wo ich die letzten dreieinhalb Jahre verbracht habe“, antwortete Schneider nun auf die Frage, welchen Fußball er sich auf Schalke vorstelle – und ob Tedesco dafür der geeignete Coach sei.

Ist er – oder kann er zumindest sein – lautete die Antwort des neuen Sportvorstands, der sich nochmals an die Zeit im Ländle erinnerte. „Ein kluger Trainer lässt immer das spielen, was der Kader hergibt. In Stuttgart und Hoffenheim hat er sich immer nach dem gerichtet, was ihm zur Verfügung stand“, erwähnte Schneider, der Tedesco den aggressiven Offensivstil à la RB Leipzig durchaus zutraut: „Das schließt sich jedenfalls nicht aus.“