Monsterstadt Lagos: Für die meisten Bewohner sind die Mieten unbezahlbar

Nur die Mittelschicht kann sich noch eine erträgliche Wohnung leisten. Ein Architekt sucht nach brauchbaren Lösungen und schlägt Gemeinschaftsbäder vor

Nach Schätzungen wird Lagos im Jahr 2100 mit 88,3 Millionen Einwohnern die größte Stadt der Welt sein. Schon heute ist Wohnraum in der 22-Millionen-Metropole knapp und für die Armen, die 64 Prozent der Bevölkerung stellen, kaum bezahlbar. Dazu kommt, dass gut jeder Zweite kein geregeltes Einkommen hat. „Die Regierung muss akzeptieren, dass Wohnraum ein Grundrecht ist“, sagt die in Lagos lebende Architektin Olayinka Dosekun dazu.

Dazu, so fordert sie, müsste in den sozialen Wohnungsbau investiert werden. „Das können gesenkte Steuern für Baumaterial sein. Auch besteht die Möglichkeit, nicht genutztes Land zu besteuern, das ansonsten nur für Spekulationen brach liegt.“

Olusegun Ogunleye, der elf Jahre lang als Stadtplaner in Lagos gearbeitet hat, hält sozialen Wohnungsbau dagegen für kaum finanzierbar. „Es muss sich eher um bezahlbaren Wohnraum handeln.“ Wer nach dem Studium etwa eine Stelle bei einer Bank bekommt, könne rund 500.000 Naira (1.200 Euro) jährlich für die Miete aufbringen.

Für Menschen, die für den Mindestlohn – dieser wurde gerade von 18.000 auf 30.000 Naira monatlich erhöht (44 bis 73 Euro) – arbeiten, sind solche Preise unerschwinglich. Auch wer als Koch, Fahrer oder Putzfrau zwischen 50.000 und 60.000 Naira verdient, kann sich diesen Betrag nicht leisten. „Der Begriff bezahlbar ist deshalb irreführend“, sagt die Architektin Olayinka Dosekun.

Das gelte auch beim Kauf von Häusern. „Als bezahlbar werden Preise von 40 Millionen Naira bezeichnet. Im Niedriglohnsektor bedeutet bezahlbar jedoch 3 Millionen Naira.“ Doch selbst wenn es sich um ein regelmäßiges Einkommen handelt, bringt es keine Sicherheit. „Wird jemand in der Familie krank, ist das Geld schnell aufgebraucht.“

Um den Platz besser zu nutzen, solle außerdem mehr in die Höhe gebaut werden. Die Kosten senken könnten Projekte, in denen mehrere Wohneinheiten Küche und Bad teilen.

Damit sich nicht alles auf die Inseln konzentriert und Viertel auf dem Festland besser angebunden werden, hält Olusegun Ogunleye zudem den Ausbau des Schnellbussystems für notwendig. Fahrten von drei Stunden täglich zur Arbeit sind derzeit keine Seltenheit. „Der Bau von Straßen würde hingegen nur bedeuten, dass noch mehr Autos gekauft werden.“

Dennoch: Lagos bleibt trotz alle Probleme attraktiv. „Die Stadt zieht Menschen an. Es gibt Raum für Geld, Kultur und Innovationen. Wenn man es in Lagos schafft, dann schafft man es überall“, sagt Ogunleye. Katrin Gänsler