Auftakt des Profiradrennens Paris-Nizza: Eine kleine Frankreich-Rundfahrt

Mit Paris–Nizza beginnt die Radsportsaison in Europa. Die Fernfahrt orientiert sich sehr stark an der Tour de France – und einige Stars sind auch dabei.

Ein Radsportteam vor dem Start

Saint-Germain-En-Laye: das Team Trek-Segafredo mit John Degenkolb vor der 1. Etappe Foto: dpa

SAINT-GERMAIN-EN-LAYE taz | Das mit Luft aufgeblasene Gebilde, das am Sonntag dem königlichen Schloss von Saint-Germain-en-Laye aufgebaut war, brach unter den Stößen des Frühlingssturmes zusammen. Zum Glück geschah es mehr als eine Stunde vor dem Start der ersten Etappe Paris–Nizza. So konnten die Organisatoren ihr „Starttor“ wieder aufbauen, und die europäische Radsportsaison bekam mit dem traditionellen „Rennen zur Sonne“ einen würdigen Start.

Im Fahrerfeld war Vorfreude auf die sieben Etappen zu spüren. „Ich freue mich auf das Rennen, darauf, dass es jetzt auch in Europa losgeht“, sagte Profi Marcel Kittel. In der Vorbereitung wurde weiter am Sprintzug seines Teams Katusha Alpecin getunt, damit es dieses Mal besser läuft als im vergangenen Jahr. „Wir müssen sicher mehr Siege holen“, sagte Kittel in Paris und lachte dabei.

Auf den starken Wind am Start guckend prognostizierte Kittel aber auch einen Tag ähnlich wie bei den Klassikern, mit viel Krafteinsatz und Schlauheit im Finale.

Bei Paris–Nizza (10.–17. März) trifft Kittel in diesem Jahr auf ein Feld von Konkurrenten, das bereits die Qualität eines Pelotons der Tour de France hat: Die Altstars Mark Cavendish und André Greipel sind dabei, Routiniers wie Alexander Kristoff und John Degenkolb, junge Aufsteiger wie Caleb Ewan und Dylan Groenewegen. Man kann von einem Dreigenerationenkampf der Sprinter sprechen.

Komplette Kletterabteilung des Andenlandes

Wie eine kleine Frankreich-Rundfahrt fühlt sich Paris–Nizza auch deshalb an, weil Tour-Ausrichter Amaury Sport Organisation (A.S.O.) auch dieses Rennen veranstaltet: gleiches Design der Hinweisschilder, gleiche Rituale – nur weniger Stress, weniger Menschen, geringere Temperaturen.

A.S.O-Direktor Christian Prudhomme hat für die Fernfahrt sogar einen Berg, dem man Tour-de-France-Niveau bescheinigen kann, eingebaut. Den Col de Turini müssen die Fahrer auf der vorletzten Etappe bewältigen. „Mit knapp 15 Kilometer Länge und teilweise über 9 Prozent Anstieg ist es ein Berg, der gut in die Tour passt und der auch schon vor einigen Jahrzehnten bei der Tour war“, erklärte Prudhomme der taz. „Für Paris–Nizza haben wir ihn jetzt erstmals ins Programm genommen. Und was mich freut, ist, dass alle Kolumbianer, jedenfalls alle, die klettern, wegen dem Turini bei Paris–Nizza dabei sind.“

Sogar ein Berg mit Tour-de-France-Niveau findet sich im Etappenplan. Der zieht kolumbianische Kletterer an

Tatsächlich ist fast die komplette Kletterabteilung des Andenlandes hier, vom Giro- und Vuelta-Sieger Nairo Quintana über den Tour-Zweiten Rigoberto Uran, die Podiumsplatzierten bei Giro und Vuelta, Esteban Chaves und Miguel Angel Lopez. Und auch Sky-Jungstar Egan Bernal sowie das ganz neue Klettertalent Ivan Sosa sind gemeldet.

„Sosa ist ein purer Kletterer, ihm scheint das Radfahren leichter zu fallen, je steiler es nach oben geht“, schwärmt sein Sportlicher Leiter Nicolas Portal. Das Talent Sosa muss vorerst aber noch für den nur wenig älteren Bernal, vor allem aber für Ex-Weltmeister Michal Kwiatkowski arbeiten. Der ist Skys Nummer eins für den Gesamtsieg.

Der Druck steigt

Mit dem liebäugeln etliche, die auch bei der Tour de France Großes vorhaben. Die einheimischen Stars Romain Bardet und Warren Barguil etwa, der Brite Simon Yates, der Russe Ilnur Zakarin. Sie alle messen sich mit der kolumbianischen Klettergarde.

Paris–Nizza wird also Aufschluss darüber geben, wer wie gut aus dem Winter gekommen ist, mit wem zu rechnen ist – und auch, wem bereits jetzt die Felle davonschwimmen. Das Arkea-Samsic-Team von Greipel und Barguil etwa muss jetzt mit Siegen Aufmerksamkeit erregen, um eine Wildcard für die Tour zu bekommen – ziemlich viel Druck also.

Im bisherigen Saisonverlauf machte vor allem Team Astana auf sich aufmerksam. Sieben Gesamtsiege bei kleineren Rundfahrten, darunter Lopez’ Triumph bei der extrem gut besetzten Kolumbienrundfahrt, sowie der Sieg des Talents Alexej Luzenko bei der Omanrundfahrt stehen für den kasachischen Rennstall zu Buche.

Auf den Gesamtsieg ausgerichtet

„Ich weiß auch nicht, was wir anders machen. Die Vorbereitung war dieselbe wie im letzten Jahr. Jetzt läuft es einfach“, sagt der Däne Magnus Cort Nielsen, der bei Paris–Nizza sein Glück als Alleinunterhalter im Sprint suchen muss. „Wir sind auch hier auf den Gesamtsieg ausgerichtet.“

Die ganz großen Namen machen um diese kleine Frankreich-Tour indes einen Bogen. Tour-Sieger Geraint Thomas versuchte sich zeitgleich in Italien beim Lehmstraßenrennen Strade Bianche. Sein Vorgänger Chris Froome – beide sind als Co-Kapitäne auch für die Tour 2019 angekündigt – legt gegenwärtig eine Rennpause ein.

Er habe, so hieß es bei Team Sky, noch an den Folgen der Kolumbienrundfahrt zu knabbern. Unklar ist, ob die Höhenlage ihm zusetzte oder ob er die Zuneigung nicht verkraftete, die ihm begeisterte kolumbianische Fans entgegenbrachten. In Europa ist er solche Zuneigung nicht mehr so recht gewohnt.

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