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„Nicht tragbar“, eine „Zumutung“

In Chemnitz und Sachsen erntet der Chemnitzer FC für seine Nähe zur rechten Szene heftige Kritik

Von Michael Bartsch, Dresden

Das erste politische Statement zum Eklat im Stadion des Chemnitzer FC (CFC) ging überraschend bereits am Sonntagmittag von der FDP ein. Die beiden jungliberalen Landtagskandidaten Colin Jakob und Philipp Hartewig wurden im Stadion Augenzeugen der Trauer­kundgebung für den verstorbenen Neonazi Thomas Haller. „Der Trauer um einen ehemaligen führenden Chemnitzer Neonazi eine solche Bühne zu geben ist für uns nicht tragbar“, erklärten sie.

Eine derartige Ignoranz der Vereinsführung und der Fanbeauftragten habe es bei vergleichbaren Situationen noch nicht gegeben. Der Fußballverein müsse neben der Aufarbeitung eine Strategie entwickeln, wie er seinen selbst gestellten Ansprüchen von Weltoffenheit und Toleranz wieder gerecht werden wolle.

Von einer „Zumutung“ schrieb auch der aus Chemnitz stammende Generalsekretär der sächsischen CDU, Alexander Dierks, auf Facebook. Private Trauer sei legitim, aber das Stadiongeschehen habe „leider den Eindruck eines Bekenntnisses vermittelt zu jemandem, der keinen Hehl daraus gemacht hat, diejenigen Werte nicht zu teilen, die dieses Land prägen und ausmachen“. Stadtspitze und Verein müssten nun zügig beraten, „wie diesem offenkundigen Abgrenzungsproblem abgeholfen werden“ und der erneute Schaden für die Stadt begrenzt werden kann.

Solche Deutlichkeit ließ das Sächsische Innenministerium auf taz-Anfrage vermissen. Im Namen des erkrankten Minister Roland Wöller (CDU) verwies Sprecher Andreas Kunze-Gubsch auf die Zuständigkeit des Vereins. Die Polizei sichere in der Regel den Außenbereich ab und greife nur bei Eskalationen im Stadion ein. Rechtsextreme Fangruppen seien im Fußball aber ein generelles Problem. Sachsen habe sich stets gegen Gewalt und Rassismus im Stadion ausgesprochen. Das Bundesinnenministerium hat eine taz-Anfrage bis Redaktionsschluss unbeantwortet gelassen.

Die Stadtverwaltung Chemnitz distanzierte sich bereits am Sonntag in einer Erklärung „von allen rassistischen und rechtsextremen Handlungen und Statements“. Chemnitz bleibe eine „weltoffene, tolerante und friedliche Stadt“. Man erwarte jetzt vom Fußballverein eine Aufklärung und eine klare Positionierung. SPD-Stadtrat Detlef Müller kritisierte den insolventen CFC-Verein. Er bewege sich „krampfhaft in die rechte Ecke, aus der wir als Stadt versuchen herauszukommen“. Kurz vor dem Vorfall war bereits die Sparkasse Chemnitz als Sponsor ausgestiegen und sieht diese Entscheidung nun bestätigt.

Keinerlei Verständnis für die Ehrung eines Rechtsextremen im Stadion bekundeten die Stadtrats- und die Landtagsfraktion der Linken. Der CFC habe „mindestens blauäugig reagiert“, sagte Sportpolitikerin Verena Meiwald in Dresden. „Demokratieförderung ist auch eine Sache des Fußballs!“, fügte sie hinzu.

Auch andernorts sind Verbindungen von Hooligans in rechtsradikale Kreise bekannt. Bei Dynamo Dresden etwa war Pegida-Mitbegründer Achim Exner jahrelang Security-Chef des Zweitligisten. Hooligans wurden bei Pegida als Ordner eingesetzt, wobei offenbar Pegida-Vizechef Sven Däbritz, selbst Security-Unternehmer, als Verbindungsmann fungierte.