heute in hamburg
: „Auch Nicht-Einmischung ist politisch“

Vortrag: Ist die Kirche zu politisch?, 19 Uhr, Gemeindehaus der Kirchengemeinde Blankenese, Mühlenberger Weg 64a., Eintritt: 5 Euro

Interview Ann-Kathrin Just

taz: Frau Strauß, was verstehen Sie unter „politisch sein“?

Cornelia Strauß: Selbst bei Themen des Alltags handeln Menschen oft politisch. Im Zusammenleben geht es immer wieder um soziale Gerechtigkeit, Vermeidung von Gewalt, Förderung von Frieden, faire Debatten bei strittigen ethischen Themen. Gerade ethische Themen haben oft vielerlei Aspekte und müssen immer wieder neu verhandelt werden.

Meinen Sie die Politik innerhalb oder außerhalb der Kirche?

Die Kirche ist Teil der Gesellschaft, ein Innen und Außen gibt es bei grundsätzlichen ethischen Themen nicht. Das Alte Testament der Bibel zeigt es: Schon Propheten haben Politik gemacht. Deshalb haben wir Christian Polke eingeladen. Er stellt im heutigen Vortrag grundsätzliche Thesen zu einer erheblichen Debatte vor, die derzeit heißt: Wie politisch darf Kirche sein?

Sollte sich die Kirche nicht erst einmal innerhalb der eigenen Institution für beispielsweise Gleichberechtigung einsetzen?

Man kann nicht ethische Fragen gegeneinander ausspielen. Viele Themen gehen Hand in Hand. Die Frage ist: Welche Gleichberechtigung in unserer Gesellschaft ist gemeint? Handelt es sich um Kriegsverfolgte, die hierher geflüchtet sind? Um homosexuelle Menschen? Geht es um die Gleichberechtigung von Männern und Frauen? Zum Schutz jedes Individuums stehen im Grundgesetz genau definierte Grundrechte.

Inwiefern fördert die Kirche Demokratie?

Foto: privat

Cornelia Strauß ist Öffentlichkeitsarbeiterin des evangelisch-lutherischen Kirchenkreises in Hamburg-West.

Seit 1919/1920 haben wir mit der ersten Demokratie gesellschaftlich einen großen Sprung gemacht. Mit der Weimarer Verfassung wurde Deutschland neu ausgerichtet. Die Verfassung galt selbstverständlich auch für die Kirche. Nach 1945 haben kirchliche Initiativen und Einrichtungen zum Beispiel in der Bildungsarbeit evangelischer Akademien aktiv daran mitgearbeitet, ethische Fragen in dieser Demokratie öffentlich zu diskutieren und öffentlich bewusst zu machen.

Finden Sie es wichtig, dass sich die Kirche in politischen Themen einmischt?

Auch eine nicht Einmischung bei wichtigen Themen wäre eine politische Handlung. Mische ich mich nicht ein, gebe ich unter Umständen denen eine zu große Stimme, die Prämissen der heutigen Demokratie gefährden könnten. Daher bieten wir den Diskurs an. Das ist anstrengend, aber das Wesen einer Demokratie und daher notwendig.