Piraten in Wolfenbüttel unter Schulz-Schock

RICHTUNGSKÄMPFE Vier weitere Vorstandsmitglieder treten wegen umstrittener Kandidatur zurück

Innerhalb von vier Wochen müssen die Piraten einen neuen Vorstand wählen

Carsten Schulz ist der Buhmann unter den niedersächsischen Piraten. Bei seinem Versuch im April, sich im Bezirk Hannover-Mitte zum Direktkandidaten bei der Landtagswahl aufstellen zu lassen, forderte er, das Leugnen des Holocausts nicht mehr unter Strafe zu stellen und Hitlers Buch „Mein Kampf“ frei verkäuflich zu machen. Seine Kandidatur scheiterte, doch schon damals kündigte er an, sich erneut zu bewerben.

Vergangene Woche tauchte Schulz’ Name dann auf der Liste der Direktkandidaten für den Bezirk Wolfenbüttel-Süd/Salzgitter auf. Ein Mitglied des dortigen Kreisvorstands hatte Schulz vorgeschlagen. Daraufhin trat der Kreisvorsitzende Werner Heise zurück: Schulz’ Positionen seien „etwas, das ich nicht vertreten kann“, sagte Heise gegenüber der taz.

Am Samstag nun legten vier weitere Vorstandsmitglieder ihr Amt nieder: „Schweren Herzens“ hätten sie beschlossen, „ebenfalls diesen Schritt zu tun“, heißt es in einer namentlich unterzeichneten Erklärung der vier. Man sehe sich „außerstande, weiterhin mit einem Mitglied des Kreisvorstands, der zum einen durch seine eigenen Äußerungen, als auch der Nähe zu einer Person, die im Verdacht der Holocaustrelativierung steht, zusammenzuarbeiten“.

Wer Schulz vorgeschlagen hat, steht nicht in der Erklärung, doch unter den drei Vorstandsmitgliedern des Kreisverbands, die nicht zurückgetreten sind, befindet sich Sven Knurr. 2011 unterzeichnete er eine Petition für die Freilassung des Holocaust-Leugners Horst Mahler. Im August dieses Jahres kommentierte er einen Aufruf der niedersächsischen Piraten, sich am Protest gegen den Neonaziaufmarsch in Bad Nenndorf zu beteiligen, mit den Worten: „Gibt es da immer noch keine Kontrollinstanz, dass sogar das linksradikale Populistenpack, dank dessen die Piratenpartei in der Öffentlichkeit als ‚die Linke mit Laptops‘ wahrgenommen wird, hier ungefiltert seine unpiratige Scheiße in die einschlägigen Kanäle kloppen kann?“

Knurr hatte sich ebenfalls für das Direktmandat in Wolfenbüttel beworben, seine Kandidatur später aber zurückgezogen – „um weiteren Imageschaden von der Partei abzuwenden“, wie er damals sagte.

Nachdem fünf Mitglieder des neunköpfigen Kreisvorstandes zurückgetreten sind, müssen die Piraten in Wolfenbüttel und Salzgitter innerhalb von vier Wochen einen neuer Vorstand wählen. Vielleicht ist Sven Knurr dann nicht mehr dabei. WIE