das ding, das kommt
: Schnipselmuseum

Ein Museum für die Hosentasche hat der Oldenburger Hobby- Kunstsammler Thomas Marsen aus Schnipseln von Werken seiner Sammlung gebastelt Foto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa

Dinge zu zerschneiden (und gegebenfalls wieder neu zusammenzusetzen), das kennt die Kunstwelt schon eine Weile. Dabei hat das Ansetzen der metaphorischen oder ganz handfesten Schere eine bemerkenswerte Karriere gemacht. Im 18. Jahrhundert haftete am Ausgeschnittenen noch der Geruch des Billigen. Dass man heute Silhouette zu (nicht nur) scherengeschnittenen Umrissbildern sagt, geht auf den französischen Finanzminister Étienne de Silhouette zurück, der sein Haus statt mit teuren Ölschinken mit billigen Scherenschnitten schmückte.

Hannah Höchs Dada-Collagen wiederum hatten nichts mit Geiz zu tun, sondern entdeckten im Ent- und Rekontextualisieren vielmehr einen Quell neuen Assoziations- und also Sinnreichtums. Da wird der pointierte Zuschnitt und die schroffe Konfrontation mit Gegensätzlichem zur Technik satirischer Entlarvung. Mit der nicht zufällig vom Maler und Schriftsteller Brion Gysin zufällig erfundenen und von William S. Burroughs prominent in die Beat-Literatur getragenen Cut-up-Technik dann wird das Schnippeln schnell zum genreübergreifenden Prinzip: Zerschnitten und neu zusammengesetzt wird seitdem in bildender und performativer Kunst, in der Literatur und der Musik.

Der Street-Art-Künstler Banksy wiederum hat das Zerschneiden gerade erst wieder an die Frage nach dem Preis der Kunst geknüpft. Während einer Versteigerung hatte sich sein Bild „Girl with Balloon“ mit einem eingebauten Mechanismus zur Hälfte selbst zerschnippelt. Vor Nachahmung aber warnt die Internet-Plattform „MyArtBroker“: Einen Banksy wertsteigernd schreddern, das könne nur ein Banksy selbst schaffen – und das auch nur einmal.

Außer man umgeht den klassischen Kunstmarkt, so wie der Oldenburger Konzertveranstalter und Hobby-Kunstsammler Thomas Marsen. Der hat, mit Zustimmung der betroffenen Künstler*innen, Stücke aus seiner Sammlung zerschnibbelt. Je zwölf der Schnipsel, gerahmt, verkauft er nun als „Pocket Museum“ für 300 Euro das Stück.

Marsen ist, nun ja, nicht geizig, aber preisbewusst. „Ich zerschneide ja keinen Gerhard Richter“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Geld habe er trotzdem vernichtet, nach eigenen Angaben pro Bild aber nur einen „mittleren vierstelligen Betrag“.Robert Matthies