Das schwierige Spielmit den wenigen Besen

Bayer Leverkusen gewinnt bei Hannover 96, Hauptdarsteller ist allerdings das Wetter

Retter in der Not: Ein Ordner fegt die Strafraumlinien frei, damit gespielt werden kann Foto: Foto:dpa

Aus HannoverChristian Otto

Der Held des Abends trug kein Trikot, sondern grüne Handschuhe und einen Besen und war damit die Krönung des 25. Spieltags der Fußball-Bundesliga. Weltweite TV-Übertragungen, millionenschwere Umsätze, horrende Gehälter: Wer den modernen Profisport verflucht, wird an dieser Szene am Sonntagabend seine Freude gefunden haben. Ein einsamer Ordner versuchte in der 25. Minute der Partie zwischen Hannover 96 und Bayer Leverkusen im Strafraum des Gastes die Linien von einer Schneeschicht zu befreien. Insgesamt musste das Spiel zweifach unterbrochen werden. Weil es geschneit und Hannover nicht genügend Besen zur Hand hatte.

Der Sieger ließ ein paar frostige Worte zurück. „Das hatte nichts mit Fußball zu tun und hat keinen Spaß gemacht“, sagte Peter Bosz. Der Cheftrainer von Bayer Leverkusen war angesäuert über eine Partie, die seinem Team beinahe noch entglitten wäre. Nach zwei Toren von Kevin Volland (13. und 28. Minute) sah es früh nach einem Erfolg der Gäste aus. Dass es am Ende nur zu einem 3:2 (2:0)-Sieg beim Tabellenvorletzten reichte, lag auch am dichten Schneetreiben und dem kaum bespielbaren Platz. Die spielstarken Leverkusener konnten am Ende jubeln, weil Kai Havertz (87.) nach einem Gegentreffer durch Jonathas (51.) und einem Eigentor von Mitchel Weiser (73.) den Siegtreffer köpfte.

Ärgern hingegen mussten sich die Zuschauer. 33 800 hatten sich auf den Weg ins Stadion gemacht und durften miterleben, wie schlechtes Wetter die beliebteste Sportart der Nation in die Lächerlichkeit ziehen kann. In der 40. Minute unterbrach Schiedsrichter Sören Storks die Begegnung erneut, um die schneebedeckten Linien des Strafraums säubern zu lassen. Wenigstens die Anzahl der Ordner und Besen war erhöht worden. Aber minutenlang wussten Spieler und Verantwortliche nicht, ob sie für eine kurze Unterbrechung oder eine vorgezogene Halbzeitpause in den Umkleidebereich geschickt worden waren.

Wer Slapstick mag, wurde in dieser Partie fündig. Die Spieler stolperten und rutschten in Serie. Für die mit Abstand lustigste Szene des Abends sorgte der Japaner Genki Haraguchi. Der Offensivspieler von Hannover 96 hatte in der 33. Minute alle Gegenspieler inklusive Torhüter Lukas Hradecky schon ausgetrickst. Nach seinem Schuss auf das leere Tor blieb der Ball jedoch Zentimeter vor der Torlinie im Schnee liegen.

Die Szene passt ins Bild, das Hannover 96 neun Spieltage vor Saisonende abgibt. Während Präsident Martin Kind öffentlich erklärt hatte, dass die von ihm mitfinanzierte Mannschaft gescheitert sei, muckten seine Angestellten auf. „Jetzt aufzugeben, wäre deplatziert“, findet Hannovers Sportdirektor Horst Heldt. Auch Thomas Doll hat sich von den Einschätzungen des Präsidenten distanziert. „In meiner Mannschaft sind Jungs drin, die Charakter haben“, meint Doll. Der Mann mit dem Besen, der in der 1. Halbzeit in Erscheinung getreten war, war ihm auch besonders ins Auge gefallen. Doll bemängelte allerdings dessen Tempo und Effektivität.