Harald Keller
Der Wochenendkrimi
: Das ZDF zeigt eine fünfteilige Krimireihe,die das Label „Nordic noir“ verdient hat

Wird massiv unterschätzt: Kommissarin Fredrika Bergman (Liv Mjönes, Mitte) Foto: Josefine Laul/ZDF

Fredrika Bergman (Liv Mjönes) hat einen Master in Kriminologie und Rechtswissenschaft, sie war Fallanalytikerin und Berufsmusikerin, musste aber die Geige nach einem Unfall beiseite legen. Ihre neuen Kollegen in der Einheit 2020 scheren all diese Verdienste einen Dreck. „Kooperation und Freundlichkeit“ sei hier die Devise, hatte die Abteilungsleiterin Aina Gedda (Jessica Liedberg) vorausgeschickt. Davon ist bei der Vorstellungsrunde nichts zu spüren. Vor allem die Männer im Team unter Alex Recht (Jonas Karlsson) demonstrieren Abneigung. Schon kommt der nächste Fall herein. Am Stockholmer Bahnhof wird ein Kind vermisst. Und einige Indizien deuten auf eine Entführung hin.

Per Lautsprecherdurchsage wird nach Zeugen gesucht. Fredrika Bergman, von den anderen kaum beachtet, macht den Vorschlag, auch englischsprachige Reisende zu adressieren. Er wird beherzigt und zeitigt einen ersten Erfolg.

Anerkennung findet Bergman dennoch nicht. Sie bringt sich weiterhin ein, mit klugen Analysen, sachdienlichen Anmerkungen. Und doch geben ihr die Männer das Gefühl, dass sie durchgeschleppt werde wie ein lästiges Anhängsel.

Dabei stehen die Herren nicht gut da, haben zudem mit privaten Belastungen zu kämpfen. Peder Rydh (Alexej Manvelov) ist gerade Vater von Zwillingen geworden, seine Frau leidet an einer postnatalen Depression. Der Kommissionschef Alex Recht kämpft mit anhaltenden schweren Atembeschwerden, zögert aber den Arztbesuch hinaus.

Im englischen Sprachraum wurde für diese Art Krimi der Begriff „Nordic noir“ geprägt. Wobei nicht alles, was aus Skandinavien stammt, per se den Kriterien dieses Subgenres entspricht. „Stockholm Requiem“ indes fällt eindeutig in diese Kategorie. Die finstere Färbung ist hier keine formelhafte Pflichterfüllung, nicht Anstrich, sondern Grundierung. Sie steht für die Erlebniswelt der Hauptfiguren, für Desillusionierung, Belastungen, Zerrüttungen. Die ursprünglich zehnteilige Serie – das ZDF hat wie gewohnt je Sendetermin zwei Episoden zu einer Langfolge zusammengefügt – basiert auf Romanen der schwedischen Krimiautorin Kristina Ohlsson, die im Außenministerium und in der Militärausbildung tätig war, beim Sicherheitsdienst und in der Terrorbekämpfung der OSZE. Regisseurin Karin Fahlén und die Headwriter Jörgen Hjerdt und Pauline Wolff haben Ohlssons Vorlage adaptiert, zwangsläufig reduziert, die psychologische Sensibilität aber gewahrt.

„Stockholm Requiem: Aschenputtels Geheimnis“, So., 22.15 Uhr, ZDF