Werder wird zur Kontermannschaft

Nach dem 3:1-Sieg über Mainz 05 steht Werder Bremen wieder auf einem Europapokal-Platz

Von Ralf Lorenzen

Da ist sie wieder – diese euphorische Stimmung, die Werder Bremen im ersten Saison-Viertel bis auf Platz drei der Tabelle gehievt hatte. Die ausgelöst worden war von der mutigen Ansage der Werder-Verantwortlichen, endlich wieder in den Kampf um die Europapokal-Plätze eingreifen zu wollen. Und die einen jähen Knacks erhielt, als Werder im Herbst mit 2:6 gegen Bayer Leverkusen unterging und im tristen Mittelfeld der Tabelle überwintern musste.

Es war ein langer Anlauf bis zur erneuten Gefühlsentladung: Eichhörnchenhaft sammelte Werder magere Unentschieden-Pünktchen gegen die Underdogs, die Fans verlagerten ihre Hoffnungen schon auf den DFB-Pokal, in dem das Team das Viertelfinale erreicht hat, da lassen drei Siege am Stück und die Einblendung der Tabelle auf der Videoleinwand das Weserstadion wieder überschäumen. Der ersehnte Platz sechs ist erreicht und sogar der Champions-League-Platz vier scheint nun nicht mehr unerreichbar.

„Es ist schön, dass wir diese Euphorie entfachen können“, sagte Kapitän Max Kruse am Samstag nach dem Spiel. Erreicht wurde dies allerdings nicht mit dem zu Saisonbeginn erfolgreich zelebrierten Offensivfußball, den Trainer Florian Kohfeldt eigentlich zur bestimmenden Spielidee ausgerufen hatte und immer weiter verfeinern wollte. Fast über Nacht ist Werder zur Kontermannschaft geworden. Vermissten Experten in der Hinrunde noch die Schnelligkeit im Bremer Spiel, ist diese nun zur schärfsten Waffe geworden.

Das Erweckungserlebnis dürfte der 4:0-Sieg im Jubiläumsspiel gegen den FC Augsburg gewesen sein. Dort hatte Kohfeldt „die Konter mit Rashica schon als Element für uns gesehen“. Der schnelle und trickreiche Milot Rashica, der vor der Winterpause noch als „Chancentod“ galt, hat in der Rückrunde jetzt bereits sieben Treffer erzielt. Auch gegen Mainz traf er bereits nach drei Minuten zum 1:0, als er von der Mittellinie hinter die entblößte Mainzer Abwehr sprintete und auch den Torwart noch umkurvte.

Der Pass kam von seinem kongenialen Sturmpartner Max Kruse, der die beiden folgenden Treffer dann selbst erzielte. Dessen Statistik ist noch beeindruckender: Er ist in den vergangenen fünf Spielen an zehn Bremer Toren beteiligt gewesen. Kohfeldt hat erkannt, dass er mit dem Konter-Gespann Kruse/Rashica ein Mittel im Arsenal hat, mit dem er nicht nur Punkte sammeln, sondern die Big Points machen kann. Dafür überlässt er Mannschaften wie Augsburg, Schalke oder Mainz mehr Spielanteile, als es sein ursprünglicher Plan mal vorsah.

Dieses Mittel wird umso wichtiger, da im Saisonendspurt hauptsächlich Mannschaften aus der Tabellenspitze warten, die selbst für eine offensive Spielweise stehen. „Jetzt wollen wir zupacken und wirklich etwas erreichen“, sagte Kohfeldt. Dabei kann er sich auf den überragenden Kruse verlassen, der auch gegen Mainz wieder an fast jeder Aktion beteiligt war, die Strippen zog und eiskalt zuschlug, wenn es gebraucht wurde. „Max ist ein überragender Pokerspieler, das sieht man jetzt gerade wieder“, sagte sein Mitspieler und Jugendfreund Martin Harnik. „Wenn es auf die Zielgerade geht, dann kommt er in absolute Topform.“