Rechtsextreme Gewalt im Jahr 2018: Rassismus wird Alltag

Die Zahl der Opfer rechtsradikaler Gewalttäter bleibt auch 2018 hoch. Opferverbände berichten von einer alarmierenden Bilanz im Osten.

Menschen demonstrieren mit einem Transparent gegen Neonazis

Schon 2014 protestieren Menschen gegen Rechtsextremismus in Sachsen – hier in Chemnitz Foto: dpa

BERLIN taz | Am Dienstag wollen Hilfsverbände für Opfer rechter Gewalt aus mehreren Bundesländern in Berlin ihre Jahresbilanz 2018 vorstellen. Schon jetzt ist klar: Die Zahl rechtsextremer Gewalttaten bleibt auf hohem Niveau – in einigen Ländern stieg sie zuletzt deutlich an.

So legte Sachsen bereits Zahlen vor: 317 rechte und rassistische Angriffe zählte die dortige Opferhilfe, die Regionalen Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie (RAA) – ein Anstieg um 38 Prozent zum Vorjahr. Die wachsende Gewalt von rechts ist vor allem den Ausschreitungen im letzten Spätsommer in Chemnitz geschuldet, nachdem mutmaßlich zwei Geflüchtete einen Mann erstochen hatten. Die Bundesanwaltschaft hob eine mutmaßliche Terrorgruppe mit dem Namen „Revolution Chemnitz“ aus. Gewaltschwerpunkte waren dem Bericht zufolge auch Dresden, Leipzig und Nordsachsen.

Auch in Thüringen zog die Opferberatung ezra schon Bilanz: Hier stiegen die rechten Angriffe von 151 auf 162 Fälle – dem Höchststand seit Beginn der Zählung. Mindestens 222 Menschen seien zu Opfern geworden, in mehr als der Hälfte der Fälle sei ein rassistisches Motiv erkennbar. „Thüringen ist für bestimmte Gruppen von Menschen nicht sicher, weil sie jederzeit damit rechnen müssen, Opfer eines rechten Angriffs zu werden“, erklärte ezra-Projektkoordinatorin Christina Büttner.

In Berlin stiegen die Zahlen laut der Opferberatung Reachout an: auf 309 Delikte – 42 mehr als im Vorjahr. Im benachbarten Brandenburg gab es einen leichten Zuwachs auf 174 Attacken, in Mecklenburg-Vorpommern einen geringen Rückgang auf 96 Taten.

Die Bilanzen weiterer Bundesländer sollen am Dienstag vorgestellt werden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Ostdeutschland, weil es im Westen bis heute keine flächendeckenden Beratungsstellen für rechte Gewaltopfer gibt.

Weniger Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will im Mai die Bilanz der Länderpolizeien zu politisch motivierten Straftaten vorlegen. 2017 waren dies auf der rechten Seite 20.520 Delikte – ein Rückgang um 13 Prozent. Vorrangig handelte es sich um Propagandataten, aber auch um 1.130 Gewaltvorfälle.

Die Zahl der Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte ging zuletzt zurück: Für das Jahr 2018 zählten die Behörden hier 173 Angriffe. Im Vorjahr waren es noch 312 Attacken. In 1.775 Fällen gab es 2018 aber Übergriffe gegen Asylsuchende außerhalb von Unterkünften.

Der Verfassungsschutz sieht auch deshalb keinen Grund zur Entwarnung: Die Gewaltbereitschaft in der rechtsextremen Szene sei nach wie vor hoch. Mehr als die Hälfte der derzeit vom Inlandsgeheimdienst gezählten 24.000 Rechtsextremen im Land gelte als „gewaltorientiert“. Bestätigt sieht sich das Amt durch das Ausheben der mutmaßlichen Rechtsterroristen von „Revolution Chemnitz“.

Die Opferverbände bleiben besorgt. Die Brutalität der Angriffe sei teils deutlich gestiegen, auch Kinder würden zum Angriffsziel.

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