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: Der neue Istanbuler Flughafen nimmt den Betrieb auf

Nach mehreren Verschiebungen beginnt am Istanbul-Airport der Regelbetrieb. Bis zum Jahr 2028 soll er zum größten Flughafen der Welt werden – mit 200 Millionen Passagieren

Das multimediale Projekt

Mit Grafiken, Videos, Reportagen und Interviews beleuchtet taz gazete die Folgen des Megaprojekts für Menschen, Umwelt und Wirtschaft. Lesen Sie ab dem heutigen Montag mehr unter taz.de/flughafen-istanbul

Das Neue

Mit dem Flug einer Turkish-Airlines-Maschine von Istanbul nach Ankara ging der Flughafen Istanbul am Samstag offiziell in Betrieb. Der Start des Flugzeugs, das um 14.30 Uhr in Richtung Hauptstadt abhob, wurde live im türkischen Staatsfernsehen übertragen. Zuvor musste die Aufnahme des Regelbetriebs mehrmals verschoben werden.

Der Kontext

Der Flughafen ist in jeder Hinsicht ein Projekt der Superlative. Für das gigantische Areal von 76,5 Quadratkilometern wurden Millionen Bäume abgeholzt. Bisher flossen 10,3 Milliarden Euro in das Megaprojekt. Beim Bau sind nach offiziellen Zahlen 55 Arbeiter bei Arbeitsunfällen ums Leben gekommen. Nach nur 42 Monaten wurde der Flughafen fertiggestellt. Zum Vergleich: am Berliner Airport BER wird seit 2006 gebaut.

Anfangs sollen in Istanbul 90 Millionen Passa­gier*innen pro Jahr abgefertigt werden. Mit sechs Landebahnen und einer Kapazität von 200 Millionen Fluggästen pro Jahr soll der Flughafen bis zum Jahr 2028 der größte der Welt werden.

Die Reaktionen

In der öffentlichen Debatte über den Flughafen scheint es nur zwei Meinungen zu geben: Für die AKP und deren Anhänger*innen ist dieser Flughafen ein Symbol für wirtschaftlichen Aufschwung und Stärke. Das Prestigeprojekt repräsentiert die Erfolgsgeschichte der Regierungspartei und deren „neue Türkei“.

Oppositionelle Stimmen kritisieren derweil das Wachstum um jeden Preis, die Folgen für die Umwelt, die Arbeitsbedingungen, die vielen tödlichen Unfälle auf der Baustelle und das außer Kontrolle geratene Sub­unternehmen-System.

Die Konsequenz

61 Arbeitern, die gegen die Verhältnisse auf der Flughafenbaustelle protestierten, wird der Prozess gemacht. Mit dem neuen Infrastrukturprojekt wird Istanbul weiter wachsen; die letzten Wälder der Stadt drohen gerodet zu werden. Der Flughafen liegt auf der Route der Störche. Das gefährdet nicht nur die Zugvögel, sondern erhöht das Risiko von Flugzeugunfällen.

Bei dem öffentlich-privaten Betreibermodell, mit dem der Flughafen finanziert wird, trägt die öffentliche Hand das Risiko. Falls die kalkulierten Passagierzahlen nicht erreicht werden, müssen die Steuer­zahler*innen dafür aufkommen. Pas­sa­gier*innen müssen sich auf lange Wege gefasst machen: Bisher gibt es keine Bahnverbindung.

Volkan Ağar, Elisabeth Kimmerle