Gerissener Geduldsfaden

Ob World Football League, United Football League oder nun die Alliance of American Football: Alle Versuche, der schier übermächtigen NFL Konkurrenz zu machen, sind zum Scheitern verurteilt

Einer der wenigen AAF-Stars: Quarterback Johnny Manziel Foto: ap

Von Thomas Winkler

Der Ratschlag kam etwas spät. „Liebe AAF“, twitterte ein gewisser Marshall Mathers vergangene Woche, „ihr solltet euren Spielern erlauben, sich zu prügeln wie im Eishockey. Dann würde ich mir jedes Spiel anschauen.“ Marshall Mathers, HipHop-Fans wissen Bescheid, ist Eminem, einer der erfolgreichsten Rapper aller Zeiten. Und die AAF ist die Alliance of American Football, die am Dienstag ihren Betrieb eingestellt hat – nach nur zwei Monaten Existenz.

Es ist das vermutliche Ende eines Experiments. Vermutlich, weil die neue Football-Liga ihre eigene Auflösung noch nicht offiziell bestätigt hat. Allerdings hat Tom Dundon, Unternehmer, Besitzer des NHL-Teams Carolina Hurricanes und wichtigster Investor in die AAF, am Dienstag den Angestellten per E-Mail mitgeteilt, dass sie eben ihren letzten Arbeitstag erlebt haben. Eine Überraschung nicht nur für Spieler, Trainer und sonstige Mitarbeiter, sondern auch für Teile des Vorstands. Die AAF-Mitgründer Charlie Ebersol und Bill Polian drückten in Statements ihr Unverständnis aus.

Die AAF ist nicht die erste Football-Liga, die versucht hat, sich neben der übermächtigen National Football League (NFL) zu etablieren. Sie ist aber schneller gescheitert als die meisten ihrer Vorgänger, hießen sie World Football League, United Football League oder United States Football League. Dabei startete die AAF erfolgversprechend, schon weil mit dem erfahrenen TV-Produzenten Ebersol und dem lange Jahre bei verschiedenen NFL-Klubs als Manager tätigen Polian erwiesene Fachleute das Konzept entwickelten und Geldgeber suchten.

Eine Art zweite Liga

Ihre Idee: Die AAF sollte keine Konkurrenz sein zur NFL, sondern eine Ergänzung. Die neue Liga nahm nicht nur ihren Spielbetrieb pünktlich eine Woche nach dem Super Bowl auf, um so den footballlosen Frühling zu füllen, sondern wollte ausdrücklich auch Talente entwickeln, um sie dann wieder an die NFL weiter zu reichen. Eine Art zweite Liga für die NFL, das schwebte Polian und Ebersol vor, perspektivisch sollten NFL-Teams auch Profis aus der zweiten Reihe in der AAF parken, um ihnen dort Spielpraxis zu verschaffen. Das Konzept schien zunächst aufzugehen: Die Spiele zogen im Schnitt 15.000 Zuschauer, und die Einschaltquoten waren solide, sogar besser als die der Fußball-Konkurrenz MLS.

Womit die beiden Liga-Gründer nicht gerechnet hatten: Dass der später eingestiegene Dundon, ihr wichtigster Geldgeber, nicht geduldig genug war, um die erwartbar langwierigen Verhandlungen mit dem großen Tanker NFL auszusitzen. Als Dundon, der ursprünglich 250 Millionen Dollar in die AAF investieren wollte, den Geldhahn zudrehte, hatte die Liga keine Chance mehr – auch wenn er in seiner Abschieds-E-Mail nicht ausschloss, dass die AAF im kommenden Jahr einen zweiten Versuch starten könnte.

Nun wird viel diskutiert, warum die AAF gescheitert ist. Die einen meinen, es lag am eher zweiklassigen Football, der geboten wurde. Andere glauben, die Liga hatte zu wenige prominente Gesichter wie den skandalumwitterten Johnny Manziel, der nach Alkohol-Eskapaden und Disziplinlosigkeiten aus der NFL gejagt worden war und nun an einem Comeback arbeitete. Vielleicht ist der Grund auch ganz simpel: Die NFL-Saison dauert zwar nur fünf Monate, aber auch den Rest des Jahres dominiert das umsatzstärkste Sport-Entertainment-Unternehmen der Welt die öffentliche Wahrnehmung in den USA so wie der Fußball hierzulande. Jedes andere Profi-Football-Produkt muss da drittklassig wirken.

Aber wie viele Football-Ligen auch eingehen, es gibt immer wieder neue, die ein paar Krümel abhaben wollen vom Milliarden-Dollar-Kuchen. Die nächste Liga steht schon in den Startlöchern: Wrestling-Impresario Vince McMahon kündigte an, dass er die XFL wiederaufleben lassen will. 2020 sollen acht Teams gegeneinander antreten, sieben davon in Städten wie Dallas, Los Angeles oder New York, wo auch die NFL präsent ist, und, so McMahon „Unterhaltung für die ganze Familie“ bieten.