Kommentar von Simone Schnase über das Bremer Ergebnis des Fahrradklima-Tests
: Der erste Platz ist kein Grund zum Jubeln

Es war leider abzusehen: Im aktuellen „Fahrradklima-Test“ des ADFC hat Bremen sich keinen Deut verbessert – seit dem Jahr 2012 erhält die Stadt kontinuierlich die mittelmäßige Note 3,5. Dass dies die Bestnote unter den deutschen Städten mit mehr als 500.000 EinwohnerInnen ist, zeigt also lediglich: Woanders ist’s traurigerweise bloß noch schlimmer.

Dabei hat Bremen eigentlich beste Voraussetzungen, tatsächlich eine Fahrrad-Vorzeigestadt zu werden: Kurze Wege, keine Berge und ein hoher Radverkehrsanteil von 25 Prozent. Den schafft keine deutsche Stadt mit einer Einwohnerzahl von über einer halben Million Menschen und damit brüstet sich Bremen auch gern. Im 2014 beschlossenen Verkehrsentwicklungsplan (VEP) sind außerdem viele gute und sinnvolle Ziele zum Ausbau der Radinfrastruktur festgeschrieben. Nicht so gern erwähnt wird allerdings, dass der Radverkehrsanteil in Bremen seit über zehn Jahren stagniert und dass von den Vorhaben des immerhin schon fast fünf Jahre alten VEP fast noch nichts umgesetzt wurde.

Nicht einmal die einfachste Übung, nämlich die Sanierung der schon bestehenden Radwege, geht voran. Von denen haben die harmlosesten Buckelpisten-Charakter und die schlimmsten sind so kaputt, dass sie ernsthafte Unfallgefahren bergen.

Dass Bremen im aktuellen Fahrradklima-Test ausgerechnet in der Kategorie „Infrastruktur“ dennoch 0,2 Pluspunkte hinzugewonnen hat, liegt bei näherer Betrachtung der Auswertung dann auch nicht an Maßnahmen wie dem Umbau der Verkehrsknotenpunkte Am Stern und Herdentorsteinweg oder dem Fahrradquartier Neustadt, sondern am erweiterten Farradverleih-System. Kriterien wie Breite und Oberfläche der Radwege, Führung an Baustellen sowie Hindernisse an Radwegen wurden durchweg schlechter bewertet als vor zwei Jahren.

Auch die Konflikte zwischen Fahrrädern und PKW haben sich laut ADFC-Test verschlimmert; eine glatte Fünf gab es zudem für die Kontrollen von Falschparkern auf Radwegen. Auch das verwundert leider ebenfalls nicht, denn während der Radverkehrsanteil stagniert, wächst die Zahl der KFZ-Neuzulassungen in Bremen stetig.

Bremerhaven hat sich im Fahrradklimatest übrigens auf die Note 4,4 verschlechtert. In der Kategorie 100.000 bis 200.000 EinwohnerInnen belegt die Stadt damit Platz 35 von 41. Es gibt also eine Menge zu tun – aber definitiv keinen Grund zum Jubeln.

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