10 Tage Ungewissheit

Seit dem 3. April harrten über 60 Flüchtlinge auf dem NGO-Schiff „Alan Kurdi“ aus. Erst als mehrere Länder sich zur Aufnahme bereit erklärten, durften sie nun in Malta an Land gehen

Von der „Alan Kurdi“ mussten die Migranten zunächst auf maltesische Schiffe umsteigen, bevor es in den Hafen ging – dem NGO-Schiff verweigerte Malta weiter die Einfahrt Foto: Darrin Zammit Lupi/reuters

Aus Rom Michael Braun

Zehn Tage nach ihrer Rettung aus Seenot konnten 62 vom deutschen NGO-Schiff „Alan Kurdi“ aufgenommene Flüchtlinge am Samstagabend endlich in Malta an Land gehen. Der Inselstaat gab die Erlaubnis, nachdem sich Deutschland, Frankreich, Luxemburg und Portugal zu ihrer Aufnahme bereit erklärt hatten.

Vorausgegangen war das auf der zentralen Mittelmeerroute zwischen Libyen auf der einen, Italien und Malta auf der anderen Seite mittlerweile zur Regel gewordene Tauziehen darum, wer für die Migranten überhaupt zuständig sei. Am 3. April hatte die von der deutschen NGO Sea Eye betriebene „Alan Kurdi“ ursprünglich 64 Migranten an Bord genommen. Die Rettung erfolgte in Gewässern, die als libysche Such- und Rettungszone ausgewiesen sind.

Unmittelbar darauf hatte die Besatzung Kontakt sowohl mit Italien und Malta, aber auch mit Tunesien und Libyen aufgenommen und um Zuweisung eines sicheren Hafens ersucht, ohne eine Antwort zu erhalten. Italiens Innenminister Matteo Salvini teilte bloß per Twitter mit: „Schiff mit deutscher Flagge, deutsche NGO, deutscher Reeder und Kapitän aus Hamburg. Die Intervention erfolgte in libyschen Gewässern, jetzt verlangen sie einen sicheren Hafen. Gut, sollen sie doch nach Hamburg fahren.“

Doch statt auf Hamburg nahm die „Alan Kurdi“ zunächst Kurs auf Lampedusa. Die italienischen Behörden forderten sie jedoch ultimativ auf, nicht in die italienischen Hoheitsgewässer einzudringen. In einer Verbalnote teilte das italienische Außenministerium dem deutschen Botschafter in Rom mit, sie betrachte das Schiff als „Bedrohung für die nationale Sicherheit“. Nur die Aufnahme zweier Mütter mit ihren Kindern wollte Italien gestatten. Da die Frauen aber die Trennung von ihren Ehemännern nicht akzeptieren wollten, wurde auch daraus nichts. „Uns bleibt nur, ihnen gute Reise nach Berlin zu wünschen“, äußerte sich Salvini gewohnt sarkastisch dazu.

Daraufhin steuerte das Schiff Malta an, das sich jedoch seinerseits die italienische Politik der „geschlossenen Häfen“ zu eigen gemacht hat. Die Regierung in La Valletta gestattete einzig die Evakuierung zweier Passagiere von Bord, die unter schweren gesundheitlichen Problemen litten, sowie die Versorgung der anderen mit Lebensmitteln und Trinkwasser durch die maltesische NGO MOAS. Derweil mussten die meisten Migranten auch in den kalten Nächten auf Deck ausharren; nur für die 16 Frauen und Kinder gab es Schlafplätze unter Deck.

Der Durchbruch erfolgte erst, als sich Deutschland zur Aufnahme von 26 und Frankreich zur Aufnahme von 20 Flüchtlingen bereit erklärte, während die übrigen in Portugal und Luxemburg eine Heimat finden werden. Aber selbst da verweigerte Malta noch der „Alan Kurdi“ die Einfahrt – die Flüchtlinge mussten erst auf maltesische Schiffe umsteigen. Salvini freute sich, „wie versprochen kommt kein Immigrant an Bord der ‚Alan Kurdi‘ nach Italien“.