Mit Fanprojekten gegen die Gewalt

Es ist eine Erkenntnis, die sich mancherorts erst sehr spät durchgesetzt hat: Soziale Arbeit kann auch helfen, Gewalt im Fußball zurückzudrängen. Als im Chemnitzer Stadtrat diese Einsicht gereift war, sperrte sich immer noch die sächsische Staatsregierung gegen die mit praktischen Konsequenzen verbundenen finanziellen Belastungen. Erst 2007 wurde das Fanprojekt installiert. Die Pro­bleme mit rechtsextremistisch motivierter Gewalt waren zu groß, als dass man sich ihnen weiter hätte verschließen können. Allerdings verwahren sich Fanprojektangestellte gegen die Verkürzung ihrer Tätigkeit auf sicherheitspolitische Aspekte. Sie sprechen lieber von offener Jugendarbeit.

Das erste Fanprojekt in Deutschland wurde bereits im Jahr 1981 in Bremen gegründet. Hervorgegangen war es aus einer studentischen Arbeitsgruppe unter Leitung eines Hochschullehrers, die sich mit den Gewalttätigkeiten der Fanszene bei Werder Bremen und der Notwendigkeit sozialpädagogischer Arbeit beschäftigte.

Dem Bremer Vorbild folgten bald andere Standorte, so in Hamburg, Hannover, Frankfurt und Berlin. Nachdem der deutsche Fußball ab der zweiten Hälfte der 1980er Jahre zunehmend mit Skinheads und Hooligans zu kämpfen hatte, wurde von den Innenministern der Bundesländer 1993 das Nationale Konzept Sport und Sicherheit (NKSS) verabschiedet, das die Einrichtung von Fanprojekten auf örtlicher Ebene vorsah.

Im Zuge dieser Entwicklung wurde auch die Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS) 1993 in Frankfurt am Main geschaffen, um die inhaltliche Arbeit an den einzelnen Standorte zu begleiten und aufeinander abzustimmen sowie die Gründung weiterer Projekte zu unterstützen.

Inzwischen ist ein Netzwerk aus 61 Fanprojekten entstanden, das je zur Hälfte aus öffentlichen Geldern der Bundesländer und der Kommunen und zur anderen Hälfte vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) und der Deutschen Fußball-Liga (DFL) finanziert wird. Insgesamt lag die Höhe der Förderung von Fanprojekten zuletzt knapp unter 11Millionen Euro. Der Jahresetat des Chemnitzer Fanprojekts beträgt 182.000 Euro.

Michael Gabriel, Leiter der Koordinationsstelle Fanprojekte, erklärt: „Jedes Fanprojekt ist im Prinzip unterfinanziert. Wenn man die Kosten der Polizei an den Spieltagen ins Verhältnis zu den Kosten der sozialen Arbeit setzt, die langfristig und nachhaltig wirkt, dann sehen wir eine riesige Diskrepanz.“ Johannes Kopp