NATALIE TENBERG DER WOCHENENDKRIMI
: Hier rockt nur einer: Rainer

Zu dieser Dorfhochzeit möchte man nicht eingeladen werden. Zwar ist die Braut schön und der Bräutigam anscheinend sehr glücklich. Doch als DJ wurde ein schnauzbärtiger Tigerhemdentyp namens „Rocking Rainer“ engagiert und die Gäste singen Udo Jürgens’ „Liebe ohne Leiden“, die Reden berühren peinlich, zum Abendessen gibt es Erbsen und Möhren aus der Convenience-Packung. Zu allem Überfluss wird die Feier von zwei bösen Gesellen überfallen. Sie nehmen die Gäste als Geiseln, darunter Kommissarin Inga Lürsen (Sabine Postel), die mit ihrem Kollegen Stedefreund (Oliver Mommsen) privat hier erscheint.

Zum 15-jährigen Jubiläum des Bremer „Tatorts“ soll wohl alles etwas anders sein. So spielt der Film, der Titel deutet es an, in nur einer einzigen „Hochzeitsnacht“, vom Nachmittag bis zum Morgengrauen. In dieser Zeit findet Lürsen schnell heraus, dass die Täter ein recht unterschiedliches Duo sind, ein fremder Gewaltverbrecher (Sascha „Ferris“ Reimann, Interview rechte Seite) und ein Einheimischer aus dem Dorf (Denis Moschitto). Auch weiß sie, dass der Tote, der plötzlich im Keller liegt, von jemand anderem umgebracht wurde und dass alles mit einer alten Geschichte zu tun haben muss: dem Mord an einem jungen Mädchen.

Was könnte man daraus entwickeln. Aus einer Hochzeit, die immer zu Spekulationen darüber einlädt, ob wirklich alles so ist, wie es erscheinen soll. Aus den Schauspielern, allen voran Denis Moschitto. Doch leider gerät „Hochzeitsnacht“ mit dem ständig stotternden Onkel und dem Bohei um eine begehrte Dorfschönheit zur tristen Kreuzung aus „The King’s Speech“ und „Immer Drama um Tamara“. Zusätzlich wird Lürsen in ein Hercule-Poirot-Korsett gezwängt, dass ihr nicht steht. Und so wirkt am Ende der ganze „Tatort“, der herrlich zurückgenommen seine Figuren spielen lassen könnte, mit allerlei Motivchen überfrachtet.

Bremen-„Tatort“: „Hochzeitsnacht“; Sonntag, 20.15 Uhr, ARD