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Kein Frieden im Friedwald

Um einen geplanten Bestattungswald in Sögel wird gestritten – anhaltend: Eine Jagdgenossenschaft fürchtet um ihre Pachteinnahmen und zieht vor das Lüneburger Oberverwaltungsgericht

Von Till Wimmer

Die Samtgemeinde Sögel im Emsland findet keine Ruhe. Der Streit um einen teilweise fertiggestellten Bestattungswald im 1.518-Seelen-Dorf Spahnharrenstätte hält an. Mit einer Beschwerde zog die örtliche Jagdgenossenschaft im März vor das niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg. Sie befürchtet geringere Jagdpachteinnahmen, sollten Jagdgebiete wegfallen. „Völlig unbegründet“ finden das die Eigentümer des Waldstücks, die Arenberg-Meppen GmbH, aber auch Samtgemeindebürgermeister Günter Wigbert (CDU): Die Pachteinbußen würden die Jagdgenossenschaft gar nicht betreffen.

Mit dem Bestattungswald –in dem eine Urnenbestattung möglich ist – möchte die Gemeinde der Nachfrage nach alternativen Formen des Gedenkens gerecht werden. „Es ist allerdings zu vermuten, dass die tatsächlichen Gründe weniger edelmütig sind“, schreibt Henning Bahr, Anwalt eines benachbarten Landwirts. Dieser fürchtet, dass er seine Felder nicht mehr wie bisher nutzen kann – wegen der unzureichend erforschten Stoffe in der Totenasche.

Kritisiert wurde auch die Kommunikationspolitik der Verwaltung. Man agiere gegen den Wunsch der Kirchengemeinde, den Bestattungswald im größeren Sögel zu bauen. Bürgermeister Wigbert hält dagegen: „Wir sind mit Diskussionsveranstaltungen und Ortsbegehungen den üblichen demokratischen Weg gegangen.“ Frühere Eilanträge der Jagdgenossenschaft, des Landwirts sowie der Markgemeide Spahn – die ebenfalls zu Sögel gehört – hatte das Osnabrücker Verwaltungsgericht abgelehnt.

Aufhalten lässt sich der Ruhewald vermutlich nicht mehr: Ein 600 Meter langer Rundweg sowie ein Gebetsplatz wurden bereits errichtet. Zusammen mit der örtlichen katholischen Kirche plant die Samtgemeinde bereits eine Einweihungsfeier. Die Kirche hat sich schon bereit erklärt, konfessionelle Bestattungen auf dem Friedwald zu begleiten – mit einer Bedingung: „Aus kirchlicher und theologischer Sicht ist wichtig, dass Verstorbene nicht anonym bestattet werden“, so Hermann Haarmann, Sprecher des Bistums Osnabrück.

Geht es am Ende um Geld? Es sei „nicht vollkommen außer Acht zu lassen“, sagt Kläger-Anwalt Bahr, „dass die Eigentümerin der Waldfläche, die Arenberg Meppen GmbH, auf diese Weise einen wirtschaftlichen Vorteil ziehen kann“. Die genannte Gesellschaft verweist demgegenüber auf ihre Gemeinnützigkeit: „Alle Einnahmen gehen, nach Abzug der entstandenen Kosten, zu 100 Prozent an konfessionelle Kindereinrichtungen in Ostdeutschland“, teilt Geschäftsführer Winfried Frölich mit – „die Einwände sind also an den Haaren herbeigezogen.“ Es sei nur „eine kleine Gruppe von Personen, die anderen vorschreiben will, wie sie sich bestatten lassen sollen.“

Pikantes Detail: Die Arenberg Meppen GmbH ist selbst Mitglied der klagenden Jagdgenossenschaft Spahnharrenstätte. Dennoch hat sie sich kürzlich an den Landkreis gewandt, um gegen deren Beschluss vorzugehen, gegen den Friedwald vorzugehen – denn der Genossenschaftsvorstand habe sich dabei über die eigenen Regeln hinweggesetzt. Wie die Meppener Tagespost berichtete, prüft der Landkreis nun, ob der Beschluss überhaupt gültig ist. Aus Sicht von Anwalt Bahr „setzt sich hier die gegenwärtige politische Stimmung durch, dass Privatpersonen in erster Linie als Störenfriede und Hindernisse betrachtet werden, während ein Fehlverhalten seitens der Behörden marginalisiert wird“.