Sportler aller Arten, outet euch!

Ein offener Brief an alle, die sich berufen fühlen sollten – damit die Wahrheit auf den Platz kommt

Liebe schwule Sportler,

wir wissen, dass es euch gibt. Nur sehen wir euch nicht. In der von harter Männlichkeit dominierten Sportwelt hat Homosexualität noch immer keinen Platz. Es gibt sicher genug Menschen, die euch sagen, dass ihr mit einem Coming-out eure Karriere riskieren würdet. Dass ihr Sponsoren verlieren könntet, und euer Ansehen.

Dabei kann ein Coming-out auch viel Positives auslösen. Denn auch der Sport soll, nein, muss bunter werden. Gibt es Idio­ten, die homophobe Beleidigungen rufen werden? Ja. Aber auf jeden Idioten kommen fünf queere Jugendliche, die sich nach Vorbildern sehnen.

Der einzige Weg, der vorherrschenden Homophobie im Sport entgegenzutreten, sind klare Worte und Taten. Schön und gut, wenn im Fußball immer wieder mal mit regenbogenfarbenen Schnürsenkeln oder Kapitänsbinden gespielt wird. Aber es muss mehr passieren. Im Endeffekt kann nur öffentliches Auftreten die Akzeptanz für schwule Spieler forcieren.

Im Frauensport ist man da weiter: Ob im Fußball oder im Beachvolleyball, lesbische Sportlerinnen haben ihren Platz. Eher haben sie mit dem Klischee zu kämpfen, dass alle weiblichen Sportlerinnen lesbisch sind. Im Männersport hingegen scheint in weiten Teilen eine Null-Toleranz-Politik zu herrschen.

Es gibt aber auch im Männersport positive Beispiele. Da wäre Robbie Rogers, der erste geoutete aktive Fußballer, oder Orlando Cruz, der erste schwule aktive Boxer, oder der Turmspringer Tom Daley. Jeder dieser Sportler hat berichtet, dass ihm unter anderem aus Sponsorengründen von einem Coming-out abgeraten wurde.

Dabei sollte man sich inzwischen doch fragen, ob Marken es sich tatsächlich noch leisten können, einen Sportler aufgrund seiner Sexualität fallen zu lassen. Möglicherweise würde nach einem Outing ein noch höheres Medieninteresse bestehen, das den Sponsoren zugute käme.

Das Medieninteresse bringt auch Herausforderungen mit sich. Aber diese sind vielleicht weniger anstrengend als das dauernde Versteckspiel. Lieber den echten Partner im Arm halten statt mit einer Fake-Freundin für die perfekten Instagram-Fotos zu posieren.

Letztlich geht es um eure Identität, eure selbstbewusste Freiheit, warum ihr euch outen solltet. Es geht darum, man selbst sein zu dürfen, sich nicht schämen zu müssen. Zu Recht! Es ist Zeit, der LGBTQ-Community ihren Platz in der Sportwelt einzuräumen. Dazu brauchen wir euch. Carlotta Rust